Vielleicht ist das der Grund für meiner Meinung über den Bass. Er ist weder besonders dicht noch erscheint er besonders tief. Das ist aber nichts als ein äußeres Erscheinungsbild, da er viel tiefer geht als der der Polaris III. Aber er ist auch kontrollierter, mit einem besser definierten Anschlag und Ausklingen. Das ist der Grund, warum der Bass der Ayon, der Tenor und der Soulution dichter und satter erscheint.
Objektiv betrachtet ist die Performance, die die No. 52 hier bietet, unbestritten viel richtiger. Es wird sehr schwierig sein, einen Kontrabass mit einem anderen Gerät derart großartig wiederzugeben. Die klar aufgezeigten Aufnahme- und Produktionsprobleme von Peter Gabriels Album So bringen uns auf etwas anderes. Die obengenannten Komponenten bewirkten so etwas wie ein „Remastering“ dieses Albums, perfektionierten den herben Klang und machten aus dem ziemlich roh und gefangen wirkenden Bass einen mit Kontur. Mit der Levinson jedoch wird stattdessen unsere volle Aufmerksamkeit geweckt. Das ist genau der Augenblick, an dem wir an unsere Grenzen stoßen und das, was wir für uns als besser erachten, zählt dann mehr als das, was objektiv gesehen besser ist.
Der Klang des Vorverstärkers aus dem Hause Harman klingt weder hell noch herb. Er ist auch nicht weniger körperhaft oder langweilig. Es ist tatsächlich das genaue Gegenteil: Wenn man all diese Ausdrücke verwendet, dann durchstreicht und sie mit ihrem Gegenbegriff ersetzt, wird man der Wahrheit sehr nahe kommen. Ich werde aber all diejenigen verstehen, die zur Tenor, Soulution, Ayon, Cat, Audio Research und anderen, ähnlich klingenden Flaggschiff Vorverstärkern neigen, wenn diese besser zu Ihren Bedürfnissen passen. Weil sie dichter, wärmer, voller klingen und im Bass tiefer zu gehen scheinen. Ich werde das verstehen, obwohl das nur ein Eindruck ist, wie wir gerade demonstriert haben.
Es gibt keinen Grund sich selbst etwas vorzumachen. In den allmeisten klanglichen Aspekten ist die No. 52 ein wahrer Referenz-Vorverstärker, weil er alles mitbringt, was dafür nötig ist. Einhergehend mit einer extremen Transparenz bringt er seine eigene persönliche Note mit ein; obwohl man hören kann, wie er sich von anderen Vorverstärkern unterscheidet, geschieht dies nur durch die Art und Weise, wie er Musik interpretiert, weniger durch individuelle, davon abgeleitete Gesichtspunkte. Die drei besten Röhrenvorverstärker, die ich kenne, konnten sich nur beim Klangvolumen und der Größe der Bühnenabbildung hervortun.
Die Präzision der Levinson überträgt diese beiden Aspekte ebenfalls, aber auf ihre eigene Weise. Ein idealer Anschlag lässt das Abklingen kürzer erscheinen und daher wirkt das imaginäre Bild etwas kleiner. Kleiner bedeutet hier nur kleiner wie in den besten Vorverstärkern, die ich kenne. Und das auch nur geringfügig. Was viel wichtiger erscheint, ist das, was sich im Vordergrund abspielt. Letzteres ist glaubwürdig und überzeugend. Was weiter weg ist, wird wegen einer etwas leichteren tonalen Gewichtung präzise, aber nicht so intensiv wiedergegeben.
Statement
Bei allem was ich gerade hier geschrieben habe, sollte man nicht annehmen, dass es wehtut. Über all die Jahre habe ich einen Röhrenvorverstärker benutzt und nicht ohne Grund ist die Mark Levinson eine wertvolle Verbesserung meiner Anlage. Sie besitzt wunderschöne tonale Qualitäten, eine vorbildliche Dynamik und ein ebensolches Differenzierungsvermögen. Die Höhen sind dabei klangvoller, mehr dreidimensional und haben eine bessere „eigene“ Gewichtung als alles, was Röhrenvorverstärker bieten können. Der Bass hat Referenzqualität im Hinblick auf die Kontur und die Differenzierung in Tonalität und Tiefe. Die Levinson ermöglicht ein entspanntes Musikhören. Sie bringt Unmengen an Informationen, die zusammengefügt die Glaubwürdigkeit der Musikwiedergabe ausmachen. Musikalben, die problematisch in der Wiedergabe sind, werden von ihr nicht niedergemacht, aber sie klingen dann nicht so wohlwollend wie etwa mit der Polaris III. Für mich ist die Levinson eine Referenz. Ich werde nicht sagen, dass sie der „beste“ Vorverstärker der Welt ist. Ich komme nicht daran vorbei, mich an den unglaublich anfeuernden Klang der Tenor Audio Line1/Power1, der außergewöhnlichen Sanftheit der Stratos II von Ayon und der wunderbaren Intensität der Soulution 720, mithin den besten Röhren-Komponenten zu erinnern. Oder der seidigen Präzision der Robert Koda Takumi K-15 und der ruhmreichen C-3800 von Accuphase. Genau das macht es aus, dass High End so eine aufregende Angelegenheit ist. Es gibt nie so etwas wie eine absolute und endgültige Wahrheit. Stattdessen gibt es nur die Wahrheit an dem Platz wo sich uns die Frage danach stellt.
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