Mit solch einer außergewöhnlichen Auflösung und gleichermaßen guten Trennschärfe zeigt sie eine besonders gute Leistung, da dies immer ein Bereich war, wo High End an seine Grenzen stieß. Es war auch kein Zufall, dass ich die No. 52 mit Röhrenverstärkern wie meinem eigenen Polaris III verglich. All diese Geräte scheinen in geringfügiger Weise etwas zu verschleiern. Natürlich lassen sie alle nicht so teueren Geräte weit hinter sich und beweisen, dass ihr Klang außergewöhnlich ist. Dennoch ist der amerikanische Vorverstärker in dieser Hinsicht besser und es gibt keinerlei Grund, hier nicht Klartext zu reden.
Es ist auch kein Zufall, dass dies der einzige Vorverstärker ist, der mich hören ließ, was alles im UV 22 Super CD Encoder von Apogee Electronics Corporation steckt. Der UV22 ist ein spezieller Wandler mit einem eigenständigen Logo – er ist ein wichtiger Teil im Programm des Herstellers. Sein Ziel war es, der CD mehr an Informationen zu entlocken als gewöhnlich mit dem Red Book Standard möglich ist. Apogee behauptet, dass der UV22 dem Audio-Signal ein nicht hörbares hochfrequentes Bias-Signal hinzufügt. Dies soll der CD zu einer 20-Bit-Auflösung verhelfen obwohl sie eigentlich auf 16-Bit begrenzt ist.
Auch andere Hersteller haben sich mit dieser Technologie beschäftigt. Es ist eine klassische Fehlerdiffusion durch Formung von Störgeräuschen. Apogee hat dabei einen eigenen Algorithmus ausgetüftelt und beansprucht für sich, besser zu sein als alle anderen Lösungen, wie zum Beispiel das Super Bit Mapping von Sony. Die Auswirkungen waren dennoch unterschiedlich. Bei einer Reihe von Aufnahmen wirkten die Höhen hell mit einem unnatürlich spitzen Charakter. Jedoch zeigten bessere Aufnahmen eine Besonderheit. Der Klang war dabei noch eine Spur heller aber die Gesamtheit der Hochtoninformationen war außergewöhnlich.
Das Album mit Sonaten von Brahms und Beach von Arturo Delmoni und Yuri Funahashi wurde auf diese Weise produziert. Der Produzent ist John Marks, der mit Robert C. Ludwig die Mastering Arbeit leistete. Es war die Levinson, mit der ich dieses Werk erstmals so klar hörte. Die Höhen klangen ebenso gut und in mancher Hinsicht sogar besser als bei den besten mir bekannten Röhrengeräten. Ich bin immer noch dabei, die Stratos III von Ayon zu begutachten und gebe zu, dass ich die Flaggschiff-Vorverstärker von Lamm und Kondo noch nicht gehört habe. Aber im Leben gibt es immer wieder Überraschungen. Und die Tatsache, etwas nicht zu kennen, sollte uns nicht zum Schweigen veranlassen. Das wäre wohl verrückt. Für den Augenblick ist es, wie es ist – die Mark Levinson zeigt uns den Weg ans Ziel.
Das ist umso wichtiger, als die Wiedergabe der Mitten bei der No. 52 in einer sehr ähnlichen Weise erfolgt. Nachdem ich eine ganze Reihe von CDs hörte und meine Regale und CD-Boxen durchstöberte, saß ich da, schrieb meine Gedanken und Eindrücke auf und selektierte sie sodann während der Hörsitzungen nach der Relevanz ihrer Beurteilung. Dabei stellte sich heraus, dass die Mehrzahl der CDs Klavieraufnahmen waren oder solche, bei denen ein Klavier eine wesentliche Rolle spielte. Der Klang der No. 52 ist so gut ausgewogen, dass dieses notorisch schwierig wiederzugebende Instrument zum Leben erwachte und immer glaubwürdiger wurde.
Gould klingt auf der Gold-CD Goldberg Variationen von 1981, wenn die Polaris III Teil der Kette ist, warm und geht so in die Magengrube, dass es ein wahres Vergnügen ist. Die Levinson ging jedoch noch weiter. Der Klang war nicht mehr so „kuschelig“ (obwohl ich das ungeheuer gerne mag), aber es kam einfach mehr Musik rüber. Die Auflösung – und ich meine hier die richtige und nicht eine vorgetäuschte – brachte nicht nur mehr Details. Letzteres ist eine Funktion der Differenzierung und der Fähigkeit, in sehr kurzer Zeit eine Vielzahl von Klanginformationen zu liefern, und sie zu etwas viel Größerem zu verbinden. Das alles führt zu einem im besten Sinn des Wortes warmen Klang und eben nicht zu einer manipulierten tonalen Veränderung. Dank dieser Fähigkeit hörte ich zum ersten Mal die wahren Körper und den Zusammenhang zwischen den murmelnden Gould und dem Klavier. Das Klavier stand im Vordergrund mit seinem eigenen Hall und Gould saß etwas weiter weg mit mehr Hall. Das Klavier markierte den direkten Klang und Gould war der etwas zurückgestellte. Für mich war das eine unglaubliche Erfahrung und eine noch bessere Verbindung zur Musik, die mich in gute Stimmung versetzte.
Eine perfekte tonale Differenzierung ist das eine, aber die Feinabstufung der Dynamik, die diese Komponente produziert, ist noch einmal etwas viel Größeres. Niemals zuvor habe ich vorher so gut die Wiedergabe von Trommeln von Aufnahmen aus den fünfziger und sechziger Jahren gehört wie bei Jim Halls Trio-Album Blues on the Rock. Auch habe ich nie einen solch unglaublich hohen Grad an Überlagerungen und realen Unterschieden zwischen den einzelnen Instrumenten geahnt wie auf dem Album Salzau Music on the Water vom Trio Danielsson, Dell und Landgren. Die Differenzierung der Dynamik und das Timing sind elementar für die Wiedergabe von Musik. Ohne diese ist es schwierig, überhaupt ein Musikstück zu besprechen. Der Levinson kann das besser als alle anderen Vorverstärker, die mir bisher über den Weg kamen. Auch passive Vorverstärker, die ich nicht mag, die aber nichts desto trotz einen ausgezeichneten Rhythmus bieten, wirken im Vergleich dazu zusammengepresst und verlangsamt.
Ende des ersten Teils - Fortsetzung folgt...