Viel Hersteller werben damit, dass ihre Verstärker ohne global feedback auskommen, was aber keinesfalls heißt, dass sie gar keine Gegenkopplung verwenden. Die einzelnen Verstärkerstufen arbeiten durchaus mit Feedback: Man beschränkt sich auf die sogenannte lokale Gegenkopplung, statt die in Verruf geratene Über-Alles-Gegenkopplung einzusetzen. MSB Technology gibt in den technischen Daten jedoch an, beim M203 gänzlich auf Feedback verzichten zu können: Auch eine lokale Gegenkopplung finde nicht statt, und das komme dem Phasengang zugute. Um die Verzerrungen dennoch sehr gering zu halten, käme eine von MSB entwickelte Stromspiegel-Schaltung zum Einsatz. Diese Lösung sei zwar teuer, garantiere aber eine erstaunliche Exaktheit, die Korrekturen mittels Gegenkopplung unnötig mache.
Die Eingangsstufe des M203 besitze eine geringere Spannungsverstärkung als die ansonsten üblichen Schaltungen, wodurch man einen hohen Dynamikumfang realisieren zu könne. Die Leistungstransistoren bildeten eine sogenannte Zero Gain Stage: Sie lieferten Strom und setzten die Ausgangsimpedanz herab, nähmen aber keine Spannungsverstärkung vor. Die Ausgangsstufe arbeite im Class-A/B-Betrieb, die Eingangs- und Treiberstufe jedoch im reinen Class-A-Modus, was bedeutet, dass die gesamte Spannungsverstärkung in der klanglich überlegenen aber weniger energieeffizienten Betriebsart stattfindet. Daraus resultiert auch die recht beträchtliche Wärmeentwicklung der Schaltung, die aber leicht über die großflächigen Kühlkörper abgeführt werden kann.
Die M203 ist modular aufgebaut. So können beispielsweise die Kühlkörper beim Kunden zuhause ausgetauscht werden, wenn er sich nachträglich für eine andere Farbgebung als das übliche Schwarz entscheiden sollte. Nach den langjährigen Erfahrungen von MSB Technology treten die meisten Defekte an Endstufen durch Fehlbedienungen oder durch Unregelmäßigkeiten in der Netzstromversorgung auf. Deswegen habe man alle Netz-relevanten Bauteile, die bei einem Defekt betroffen sein könnten, in einem Einschub an der Rückseite der Endstufe angeordnet, der im Bedarfsfall vom Besitzer selbst einfach ausgetauscht werden kann. Diese Einschübe sorgen auch für die Anpassung an die landestypische Netzspannung.
Natürlich kommen auch nur beste Komponenten für den Kontakt mit Vorstufe und Schallwandler zum Einsatz, wie zum Beispiel Lautsprecher-Terminals von Furutech. Die M203 akzeptiert nicht nur unsymmetrische und symmetrische Eingangssignale, sondern bietet bei letzteren auch noch eine Pegelanpassung um sechs Dezibel, so dass der Lautstärkeregler der Vorstufe in einem optimalen Bereich genutzt werden kann. So wählte ich bei Einsteins The Preamp die unempfindlichere Einstellung, während dem Esoteric Audio Research 912 die zusätzlichen sechs Dezibel ganz gut taten. Dass mich die M203 auch beim privaten Vergleichen der Vorstufen für sich einnahmen, lag aber nicht an der gewiss nützlichen Pegelanpassung, sondern vor allem an ihrer Durchhörbarkeit: Sie machten die vielen unterschiedlichen Stärken und ganz wenigen Schwächen der beiden fantastischen Röhrenvorstufen sehr deutlich. Man hörte klar die verschiedenen Charaktere der beiden Vorstufen, die Endstufen brachten sich erfreulicherweise nicht erkennbar ins klangliche Geschehen ein. Wenn beispielsweise The Preamp eine größere Bühne suggerierte, dann machten die MSBs das auch nachvollziehbar. Weder in puncto Raum, Dynamik oder Klangfarben setzen die M203 den Vorstufen Grenzen. Sie reproduzieren so gut wie ohne eigene Einflussnahme, was ihnen zur Verstärkung angeliefert wird. Schlicht vorbildlich!
Nur während der allerersten Eindrücke standen die Zylinder mit ihren vier Füßen direkt auf dem Fliesenboden. Danach habe ich nur für einen wackelfreien Stand je drei bFly Master 2 unter den unteren Ring am Verstärkergehäuse geschoben – ohne zu überprüfen, wie sich diese Maßnahme genau auswirkt. Dass es keine Verschlechterung war, wurde auch deutlich, ohne ein und dasselbe Stück mal mit, mal ohne die bFlys zu hören. Den Vergleich habe dann aber doch nachgeholt: Die Master 2 sorgen für eine luftigere und ausgedehntere Abbildung. Unerwünschte Nebenwirkungen gab es keine. Kurz nach dieser Erfahrung wanderten die MSBs dann erst einmal ins Fotostudio, wo sie eine Weile blieben, während sich in meinem Hörraum einige andere Komponenten breit machten. So verdrängt Einsteins The Preamp die EAR 912 für eine Weile von ihrem angestammten Platz und auch die LumenWhite Lautsprecher machen eine Pause. Statt ihrer wandeln nun die AudioMachina Maestro GSE den Strom der Endstufen in Schall. Überraschenderweise werden auch hier trotz der ICEpower Amps, die den Bereich unterhalb von 100 Hertz verstärken, die besonderen Fähigkeiten der wieder in den Hörraum zurückgekehrten MSBs im Bassbereich ohrenfällig: Sie übertreffen die Ayons in diesem Frequenzbereich einfach in puncto Präzision, Farbigkeit und Druck. Dank der 1000 Watt Verstärkerleistung und des minimalen Gehäusevolumens bringen die Maestro der Tieftonbereich sehr exakt und weit nach unten ausgedehnt rüber. Dazu passt dann natürlich die straffe Führung der Tiefmittelton-Chassis durch die MSBs ganz hervorragend. Ich hatte erst befürchtet, ein teilaktives System wie die AudioMachina sei zu wenig anspruchsvoll, um die Schokoladenseite der M203 im rechten Licht erscheinen zu lassen. Dem ist aber nicht so. Auch die Maestro profitiert von der Präzision der Tieftonwiedergabe der MSBs, die allerdings nicht auf einem extrem hohen Dämpfungsfaktor aufgrund von reichlich Gegenkopplung basiert. Vielleicht liegt es ja daran, dass die schwarzen Heizkörper Kontrolle mit Farbigkeit und Wärme zu verbinden in der Lage sind.