Immer wenn man Berichte von rundum oder omnidirektional abstrahlenden Lautsprechern liest, kommt garantiert irgendwann der Hinweis, dass eine Umstellung in den Hörgewohnheiten unabdingbar sein, sich ein Vergleich mit konventionellen Konzepten prinzipiell verbietet, sich dafür aber andere Welten auftun. Die eine oder andere Übertreibung wird dann nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern als Eigencharakter gelobt. Mit der Larsen ist das ganz anders. Selten habe ich einen tonal so ausgeglichenen Lautsprecher gehört, der keinen Frequenzbereich betont und dabei auch noch verfärbungsfrei ist. Trotz voller Höhen ist er auf der angenehmen Seite angesiedelt, ohne schönfärberisch zu spielen. Und dazu kommt dann noch dieser zusätzliche, räumliche Effekt durch die Chassisanordnung...
Ich fang mal an mit Elbtonal Percussion In Concert und „Song for Lea“ und „Paradies“ und erfreue mich an der lockeren, auf einer richtigen Bühne dargebrachten Performance. Was machen die Larsen anders? Die einzelnen Anschläge und Instrumente auf diesem Schlagzeugwunderwerk sind weder präziser noch detaillierter als auf anderen Lautsprecher. Dafür darf jeder Ton ein wenig mehr Luft und Tiefe um sich herum beanspruchen als sonst üblich, die räumliche Dimension ist eine andere. Aber eben nicht grenzenlos und riesig. Kompliziert zu beschreiben. Sicher ist ein Live-Effekt da, die Bühne nicht an die Kisten gebunden, die da Musik spielen, der Raum nach hinten offen ohne Begrenzung, aber eben nicht in epischen Dimensionen, sondern neutral realistisch. Das meine ich übrigens absolut positiv. Nach den Beschreibungen von Stig Carlsson sollen die Lautsprecher besonders gut mit sehr räumlichen Aufnahmen, die nur mit zwei Mikrofonen eingefangen worden sind, funktionieren. Das ist möglich. Ich finde, das funktioniert mit eigentlich jeder Aufnahme und Musik.
Bei Nik Bärtsch´s Ronin Holon in „Modul 41_17“ gibt es so ein minimalistisch manisches Zusammenspiel auf einem Ton zwischen Klavier und Saxophon, das sich durch die Hälfte der Nummer zieht. Die Larson 4 stemmen die beiden Instrumente dabei nicht so weit auseinander, wie feiner auflösende Lautsprecher das machen, lassen aber den daraus resultierenden Ton völlig in Ruhe und geben dieser sehr streng produzierten Scheibe eine ganze Menge Leben, Temperament und Luft mit auf den Weg. Irgendwann muss ich mal Manfred Eicher fragen, ob dass immer so kontrolliert sein muss in seinen Aufnahmen. Wie dem auch sei, das macht richtig Spaß über die Larsen. Dabei treten, obwohl vorhanden, Begriffe wie Ortung und Analytik automatisch in den Hintergrund. Das soll übrigens nicht bedeuten, dass da irgendetwas vernuschelt wird, die Akzente liegen nur einen Tick anders. Am Anfang von „Paradies“ gibt es im Publikum ein kräftigen Huster, schön für den Tester, um Details zu hören, blöd für den Genießer. Allein dieses missliebige, aber typische Geräusch (es war doch die ganze Zeit so laut, warum husten alle immer, wenn es leise ist?) vermittelt absoluten Live-Charakter und bietet sich klar und in bisher ungehörter Deutlichkeit dar. Wobei, will man Husten hören?
Nein, es zeigt eben diese Extra-Portion Authentizität auf, die die Larsen verbreiten. Und wenn es lauter wird? Dann wird es richtig nett. Mit der Wand im Rücken entwickeln die Lautsprecher einen richtigen Schub und Druck in Bass und unterem Mitteltonbereich, dass es eine Freude ist und tatsächlich an Livemusik erinnert. Und auch hier wird richtig auf gemacht, der Bass pulst fröhlich vor sich hin und behält dabei Struktur und Farbe. irgendwann sitzt man dann tatsächlich vor einer Bühne, auf der die Bohlen bei Schritten hölzern knarren. Die Dynamik ist für Lautsprecher dieser Größe exzessiv – was will man mehr. Dabei wächst die Abbildungsgröße mit zunehmender Lautstärke nicht über alle Maßen – nur ein Bisschen –, was auf eine äußerst glückliche Interaktion mit der Rückwand schließen lässt und darauf, dass die Theorien von Herrn Carlsson wohl so falsch nicht gewesen sein können.
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