Die Gleichrichtung der Anodenspannung übernehmen TV-Dämpfer-Röhren, jeweils vier Stück in einer Graetz-Brückenschaltung. Diese Röhren wurden entwickelt, um auftretende Schwingungen beim Rücklauf des Elektronenstrahls bei Fernsehbildröhren zu dämpfen. Durch die hierfür erforderlichen Eigenschaften sind sie als Netzgleichrichterröhren ebenfalls hervorragend geeignet. Gefiltert wird anschließend immer passiv über Chokes, wobei mehrere Chokes und Kondensatoren zum Einsatz kommen. Auch hier werden nur Chokes von Lundahl eingesetzt, bei den Kondensatoren handelt es sich um NOS Folientypen des amerikanischen Herstellers Sprague. Ähnliches gilt für die Heizspannungsversorgung, hier allerdings in etwas einfacherer Ausführung und mit Schottkydioden als Gleichrichter. Somit bringt das getrennte Netzteil gut 20 Kilogramm auf die Waage.
Verbunden werden die beiden Komponenten über ein geschirmtes Kabel; im Inneren der Vorstufe wird die Hochspannung für den linken und rechten Kanal zusätzlich über separate LC-Filter voneinander getrennt. Wer bei den Steckverbindern an Nato-oliv und die Bundeswehr denkt, liegt genau richtig! Die hier eingesetzten Amphenol-Verbinder werden primär für das Militär und für die Industrie gefertigt.
So, wie klingt es denn nun mit der Vorstufe in der Kette? Von hier ab wird die Sache schwieriger. Es ist immer einfach, ein Gerät mit irgendwelchen Fehlern oder herausfallenden tonalen Eigenschaften zu beschreiben, wenn man aber nichts Derartiges findet, was dann? Für spezielle Fragen habe ich eine spezielle Aufnahme in der Hinterhand, mit der ich sehr schnell sehen kann, was Sache ist. Dies ist eine Aufnahme meiner großen Tochter, sie singt dort ohne Begleitung den Titel „Angel Eyes“ von Matt Dennis. Einfach ohne großes Brimborium in den Recorder gesungen, ein leichter Brumm ist auch mit dabei, Dirk Sommer würde sich wahrscheinlich die Haare raufen. Nachdem mir ihre Stimme natürlich bestens vertraut ist, kann ich aber auf diesem Wege sehr leicht feststellen, ob die gebotene Wiedergabe nun meiner Tochter entspricht oder nicht. Und da kann ich sagen, so authentisch wie mit der 10Y habe ich diese Aufnahme noch nie gehört. Um das Ganze einmal mehr unter Hifi-Gesichtspunkten zu betrachten: Die Stimmverständigkeit hat sich mit einem Schlag verbessert, ohne dass dabei andere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen werden, wie beispielsweise durch erhöhte Präsenz. Ein anderer Aspekt ist hier auch klar zu hören, direkt beheizte Trioden können Stimmen mit einer besonderen Magie wiedergeben. Das soll aber nicht heißen, dass meine Tochter über den Verstärker nun besser singt, als sie eigentlich kann...
Nun ist diese Aufnahme natürlich nichts, mit dem außer mir irgendjemand anderes etwas anfangen kann, deshalb habe ich als nächstes die CD Mozart, eine Aufnahme mit Claudio Abbado und Martha Argerich herausgesucht.
Diese entstand während des Luzern Festivals letzten Jahres und beinhaltet zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart. Hier treffen nun zwei völlig unterschiedliche Charaktere aufeinander, auf der einen Seite Abbado als eher besonnener Maestro, auf der anderen Argerich als temperamentvolle Latina. Nun gilt Mozart nicht unbedingt als die ganz große Stärke italienischer Dirigenten, oftmals geht die Interpretation zu sehr in Richtung Gute-Laune-Musik. Die Einspielung hier fällt nun völlig aus dem üblichen Klischee, sie wirkt unheimlich griffig mit sehr viel Substanz. Dazu trägt natürlich auch der furiose Stil von La Martha bei. Ein Problem beim Orchesterklang fällt über die Vorstufe sofort auf, das Orchester zerfällt stellenweise in einzelne Instrumentengruppen. Schwer zu sagen, ob das nun am Dirigat, oder an der Aufnahme liegt, jedenfalls bleibt der 10Y auch hier nichts verborgen. Das Klavier dagegen wird sehr plastisch wiedergegeben und steht deutlich vor dem Orchester, die Anschläge kommen mit Wucht und Präzision.
Allgemein kann man bei dieser Aufnahme feststellen, dass die Abbildung des Orchesters mit der 10Y etwas mehr in die Tiefe geht als in die Breite.
Als nächstes lassen wir John McLaughlin mit seinen Mitstreitern Kai Eckhardt und Triok Gurtu eine Runde spielen. Die Aufnahme entstand 1989 in der Royal Festival Hall in London. 1989 war noch nicht unbedingt die technische Blütezeit der Digitalkunst, die Aufnahme ist aber nicht schlecht gelungen. Mit der 10Y hört man durchaus, dass da noch mehr in den Rillen, äh Bits steckt, als bisher gehört. Beispielsweise bei Kai Eckhardt mit seinem Schack-Bass; zu der Zeit waren gerade die Headless Bässe in Mode gekommen, also Instrumente, die aussehen wie geköpft, weil die Kopfplatte mit den Einstellwirbeln fehlt. Eckhardt spielt natürlich auch so ein Teil, aber zusätzlich noch mit einem Carbonhals bestückt. Dies führt dann zu einem drahtigen, leicht sterilen Ton, der so deutlich allerdings bisher noch nie zu hören war. Die Slap-Einlagen kommen mit Druck und Präzision, was sicher ein Vorteil dieser Basskonstruktion ist. Auch ist klar zu hören, dass McLaughlin auf der Akustikgitarre nicht mit den Fingern spielt, wie ein Flamencogitarrist, sondern mit dem Plektrum. Die Gitarre wird auch wunderbar plastisch abgebildet, was früher einfach nicht in der Form zu hören war. Und immer auf die Aufnahmequalität geschoben wurde.
Es gibt eine neue, hervorragende Einspielung der Beethoven Diabelli Variationen mit dem Ungarn András Schiff. Der Pianist wollte hier nicht die hundertste Version dieser Komposition einspielen, sondern hat sich etwas Besonderes einfallen lassen. Neben seiner exquisiten Spieltechnik natürlich. Schiff hat die Variationen einmal auf einem Hammerflügel von Franz Brodmann aus den Jahre 1820 eingespielt und zusätzlich noch auf einem moderneren Flügel der Firma Bechstein von 1921. Dem Pianisten geht es hier natürlich nicht um Hifi, sondern darum, zu vermitteln, wie die Musik zu Lebzeiten Beethovens wohl geklungen haben könnte. Man kann aber diese Aufnahme gut für Hifi-Zwecke missbrauchen.
Ich hatte diese Aufnahme natürlich schon vorher auf verschiedenen Kombinationen gehört und der unterschiedliche Charakter der Instrumente war mir durchaus bewusst. Mit der 10Y wird die Aufnahme mit dem Hammerflügel wie eine Zeitreise in eine vergangene Welt. Die eher subtilen Klangfarben des Hammerflügels werden hervorragend übermittelt. Das Instrument klingt weniger voluminös mit mehr Obertönen und etwas trockener, als man es von modernen Flügeln gewohnt ist. Diese Unterschiede kann man keinesfalls in jedem Setup so deutlich hören, in vielen Fällen wird gar nicht groß auffallen, dass es sich bei der zweiten CD um ein völlig anderes Instrument aus einer anderen Zeit handelt. Damit würde allerdings auch eine elementare Aussage, die Schiff mit dieser Einspielung bezweckt hat, verloren gehen. Der Flügel wird sehr klar umrissen abgebildet und steht fast physisch im Raum. Toll!