Oliver Göbel hat ganz harmlos angerufen und gefragt, ob ich Interesse hätte, seine neuen Kabel zu hören. Da mich seine Schallwandler nachhaltig beeindruckten, bejahte ich seine Frage spontan. Er kam vorbei, wir hörten, ich war begeistert und wir vereinbarten einen Test. Über Preise hatten wir nicht gesprochen
Da ich wusste, für welchen Summe seine klanglich faszinierenden, aus dem Vollen gefrästen Aluminiumskulpturen – vulgo Lautsprecher – den Besitzer wechseln, hatte ich nicht gerade mit Billigstrippen gerechnet. Außerdem haben über 20 Jahre High-End-Schreiberei ihre Spuren hinterlassen: So schnell schockt mich kein Preis. Es hat mich kein bisschen gestört, meinen Hörraum eine längere Zeit lang mit einem Continuum-Laufwerk samt Arm zu teilen, das mit einem sechsstelligen Betrag in der Preisliste steht. Schlimm war es erst, als der Continuum wieder abholt wurde. Außerdem kann man sich mit einer LumenWhite als Arbeitsgerät über sogenanntes Oligarchen-Hifi nur noch bedingt entrüsten, wenn man einigermaßen glaubwürdig bleiben möchte. Andererseits höre ich meine Files ausgesprochen zufrieden über einen D/A-Wandler, der nicht einmal so viel kostet, wie fünf Meter des besten USB-Kabels von Audioquest. Berührungsängste gegenüber Produkten vom oberen oder unteren Ende der Preisskala sind mir weitestgehend fremd. Also verdrängen wir erst einmal jeglichen Gedanken an den schnöden Mammon und schauen uns die Kabel ein wenig genauer an.
Als Oliver Göbel symmetrische Signal- und Lautsprecherkabel aus der Lacorde Statement Linie zum Test vorbeibrachte, gab er sich bei Fragen nach der Konstruktion der Leitungen wenig auskunftsfreudig. Zumindest war ihm zu entlocken, dass für beide Anwendungsfälle eine Vielzahl der gleichen, einzeln isolierten Leiter mit identischem Durchmesser eingesetzt werden. Natürlich sind es beim Lautsprecherkabel deutlich mehr Adern, um einen größeren Querschnitt zu erreichen. Die Legierung für die feinen, gezogenen Drähte besteht aus Kupfer, Silber und einem dritten Material, das Oliver Göbel aber nicht nennen will. Experimente hätten ergeben, dass bei der Legierung eine kryogene Behandlung keine klanglichen Verbesserungen bringe. Der schwierigste Entwicklungsschritt sei gewesen, ein stimmiges Verhältnis für die Werte von Widerstand, Induktivität und Kapazität zu bestimmen und durch die Kabelgeometrie zu realisieren. Die einzelnen Adern würden speziell verwoben, um die gewünschten Parameter zu erreichen.
Fast ebenso aufwendig sei es gewesen, durch den Aufbau des Kabels sicherzustellen, dass die Geometrie der verflochtenen Adern auch nach jahrelangem Gebrauch noch Bestand habe. Als Isolator komme verpresstes Teflon zum Einsatz. Für die Resonanzdämpfung und die Stabilisierung der Struktur verwende er Naturkautschuk und Neopren. Das äußere Geflecht werde speziell für Göbel High End gewoben. Weiterhin habe er darauf geachtet, dass sich das Kabel nicht statisch auflade. Deshalb verzichte er auch auf jegliches PVC. Das Kabel werde komplett in Deutschland gefertigt, allein die „Rohadern“ kaufe er im Ausland zu. Um die Kabel in den Standardlängen von drei Meter für das Lautsprecher- und 1,2 Meter für das XLR-Kabel zu „bauen“, seien 15 respektive fünf Stunden Handarbeit nötig, denn hier werde nicht mal eben ein fertiges Produkt von der Rolle in Stücke geschnitten und konfektioniert. Die XLR-Stecker sind heftig modifizierte Neutrik-Modelle, die Gabelschuhe für die Lautsprecher Eigenentwicklungen, die mit einer Kraft von 60 Tonnen mit dem Kabel verpresst würden.
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