Obwohl keine Details in den Vordergrund gezogen werden, fehlt da gar nichts. So etwas nennt man dann wohl homogen. Sehr faszinierend die Pause zwischen dem ersten und zweiten Satz, wo das Publikum bei der Aufnahme nicht runtergeblendet wurde. Man hört nicht nur das unvermeidliche Rascheln, Murmeln und Husten, das sich immer dann Bahn bricht, wenn Menschen mal 15 Minuten am Stück nicht reden dürfen, der ganze Raum ist mit seiner tieffrequenten Antwort präsent. Äußerst beeindruckend. Ach ja, die Abbildungshöhe ist genau richtig. Es ist eher der Kopf, der einem einen Streich spielt. Sieht man die Lautsprecher beim Hören an, denkt man, dass die Bühne ja tief ist. Guckt man gerade nicht hin oder denkt nicht drüber nach, stimmt alles. Böse Autosuggestion!
Lambchop mit „Four pounds in two days“ von der AWCMON füllt den Raum zwischen, hinter und neben den Lautsprechern aus. Die befürchtete Bassschwäche löst sich in Wohlgefallen auf. Nicht nur gemessen an der Größe baut die Spendor A5 ein völlig unerwartetes Fundament im Bass auf. Die Abbildungsgröße und räumliche Aufteilung sind enorm realistisch, man guckt in den Aufnahmeraum rein. Die Band agiert sehr geschmeidig und flüssig, die Stimme von Kurt Wagner schwebt vor dem Ensemble als Organ, nicht nur als Mund. Die reichlich vorhandene Basspotenz springt einen nicht an und ist auch nicht besonders prägnant. Trotzdem wird eine Fülle an Feininformationen transportiert. Der Bass ist überaus farbig und durchhörbar und das auch bei gehobenen Lautstärken. Während man sich noch fragt, ob das Nachschwingen der Basssaite nicht etwas nuancierter ausfallen könnte, fällt einem ein bis dato nicht gehörter Nachhall ins Ohr. So etwas ist Erbsenzählerei, aber Bestandteil meines Jobs. Auch an dieser Stelle muss die außergewöhnliche Homogenität im Mittelhochtonbereich hervorgehoben werden. Völlig stressfrei lässt die A5 einen tiefen Einblick in musikalische Strukturen zu, ohne auch nur ansatzweise an den Nerven zu sägen. Das ist im Grunde das Gegenteil von Analytik im besten Sinne.
Richtig knallen lassen kann man es mit der Spendor zwar auch, aber hart angeschlagene Snares und Toms zeigen bei höheren Lautstärken dann doch irgendwann die Grenzen der kleinen Basschassis auf. Lustigerweise haben die A5 mit massiven, tiefen elektronischen Bässen keinerlei Probleme. Hier wird ein wenig aufgeweicht, aber immer fröhlich nachgeschoben. Trotz der erwähnten kleinen Einschränkungen klingt sie immer locker und unangestrengt. Erwähnte ich schon die Langzeittauglichkeit? Selbst mehrstündige, laute Hörsessions ermüden nicht. Andere Lautsprecher mögen bei den ersten Takten mehr anmachen. Wenn man dann allerdings nach 30 Minuten schweißgebadet eine Pause braucht, ist das auf Dauer nur anstrengend.
Bei Olivier Messiaens Turangalîla-Symphonie unter Riccardo Chailly mit dem Concergebouw Orchestra öffnet die A5 wieder das Tor zum Orchester und lässt es ausnahmsweise mal richtig fetzen und knallen, so dass es im Hochtonbereich durchaus auch mal weh tun kann. Dabei gibt es keine epischen Tiefen und Weiten zu bestaunen, dafür viel Grob- und Feindynamik. Klavieranschläge werden fein mit bis in die letzten Verästelungen aufgelösten Anschlägen dargestellt. Dabei – trotz der teilweise etwas sperrigen Musik – mit zwingendem Rhythmus. Bei den großen Pauken geht der Spendor ein klein wenig die Luft aus, dafür bekommt das Ondes Martenot und die mächtigen Gongs einen fast bedrückenden Schub mit auf den Weg.
Bei jedem Musikmaterial macht sich der sorgsame Paarabgleich der Lautsprecher bemerkbar. Neben der erwähnte Homogenität wirkt es, als wenn die Lautsprecher nicht existieren, so wenig sind sie als einzelne Schallquelle zu orten.
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