tests/13-08-31_germanphysiks
 

German Physiks The Unicorn MK II

31.08.2013 // Dirk Sommer

Das gelochte Brett liegt einige Zentimeter unter dem Gehäusedeckel und filtert die Frequenzen aus, die nicht weiter ins Innere der Box gelangen sollen
Das gelochte Brett liegt einige Zentimeter unter dem Gehäusedeckel und filtert die Frequenzen aus, die nicht weiter ins Innere der Box gelangen sollen

Bei einem Tuba-Solo vom Michel Godard und gehobener Lautstärke passiert es: Die Biegewellen verzerren deutlich. Holger Müller versichert mir zwar telefonisch, dass dies gar nicht sein könnte und die Unicorn saftige Pegel völlig unangestrengt verkraften könnte. Aber auch bei Versuchen mit einigen anderen Scheiben höre ich deutliche Verzerrungen. Die waren allerdings nicht zu vernehmen, als die Ayon Epsilon für die Verstärkung zuständig waren, erinnere ich mich. Sollte den Cellos etwa die Puste respektive der Strom ausgegangen sein? Diese Vermutung macht eine ein wenig aufgebohrte, fast 30 Jahre alte Audiolabor ES200 Endstufe zur Gewissheit: Die Verzerrungen sind ab sofort vergessen, der Bassbereich wirkt wieder deutlich ausgewogener als über die Röhren, und ich bin um eine Erkenntnis über die German Physiks reicher: Die Unicorn wünschen sich Verstärker mit einer guten Stromlieferfähigkeit. Sie müssen keine 200 Watt leisten, aber bei Bedarf locker Strom nachschieben können.

Von meinen Vergleichen der ES200 mit den Cello in der Anlage meiner Gattin im Wohnzimmer weiß ich aber, welchen nicht ganz unbeträchtlichen Anteil an Raum- und Detailinformationen die mächtig nach vorn spielende Audiolabor Endstufe unterschlägt. Wenn man schon einmal einen Schallwandler im Hörraum hat, der dem theoretischen Ideal so nahe kommt wie die Unicorn, sollte man aber nichts unversucht lassen, ihm sein gesamtes Potential zu entlocken. Deswegen entschließe ich mich entgegen allen bisherigen Gepflogenheiten, eine zweite Unbekannte in meine Kette zu integrieren. Das dürfte aber schon deshalb zu keinerlei Unschärfe bei der Beurteilung führen, da die German Physiks nach den bisherigen Experimenten ja keine wirklich Unbekannte mehr ist. Im Fotostudio wartet bereits eine mächtige ModWright Instruments Transistor-Endstufe auf ihren Einsatz: die KWA 150 Signature Edition. Und selbst ohne jegliche Einspielzeit erfüllt sie im Hörraum dann die in sie gesetzten Erwartungen: Sie ermöglicht es den Unicorn, bei wohlbekannten Songs wie Misha Alperins „Heavy Hour“ oder Ravi Shankars „West Eats Meat“ ihre enormen Fähigkeiten zu demonstrieren. Plötzlich gibt es eine Menge mehr Details zu entdecken als zuvor im Verbund mit der ES200.

Ein Blick aus der anderen Richtung: von der großen Öffnung ins Innere des Gehäuses
Ein Blick aus der anderen Richtung: von der großen Öffnung ins Innere des Gehäuses

Auch die räumliche Darstellung gelingt noch einmal deutlich überzeugender: Zwar suggerieren Lautsprecher vom Kaliber der LumenWhite eine noch weiter in die Tiefe reichende Bühne, aber ein solcher Vergleich verbietet sich ja eigentlich schon aufgrund er unterschiedlichen Preisklassen, in den Lumen und Unicorn zu Hause sind. Letzteren gelingt es aber, akustisch völlig in den Hintergrund zu treten und Instrumente gänzlich von den Chassis gelöst in den virtuellen Raum zu stellen. Feinzeichnung, farbliche Differenzierungen und die ansatzlose Ansprache faszinieren hier wie auch schon bei den Unlimited. Bei Michel Godards Le Concert Des Parfums, Carpe Diem CD-16277, wirkt der Raum – die CD wurde in verschiedenen, halligen Sälen eines Klosters aufgezeichnet – ungeheuer realistisch: Die „Improvisation Gavino Murgia“ zieht einen regelrecht in eines der unbedämpften, steinernen Gemäuer. Man kann präzise zwischen dem Ton des Saxophons und seinen ersten Reflexionen an den Wänden unterscheiden. Beim zweiten Stück mit demselben Titel kommt der virtuose sardische Musiker ohne Instrument aus. Durch seinen Kehlkopfgesang fühlt man sich  in den halligen Raum versetzt, statt wie von anderen Schallwandlern gewohnt nur in diesen hineinzuhören. Bei „Nebia del Baix camp Gerard Marais“ erklingt die Snare so stimmig und zum Greifen plastisch, wie ich sie wohl noch nie gehört habe. An solchen Details wird dann die bruchlose, enorm homogene Wiedergabe des Einwegekonzeptes deutlich.

Trotz all der fantastischen Leistungen in den beschriebenen Disziplinen werde ich den Unicorn aber zwei harte Prüfungen nicht ersparen: Jonas Hellborgs Elegant Punk und Dick Schorys Bang Baa-Room and Harp. Das melodiöse Perkussionspektakel bringen die Unicorn bestens differenziert, klangfarbenstark und ungemein dynamisch rüber. Und auch der Raumeindruck kommt dem von den Lumen gewohntem nahe, allerdings erzeugt die DiamondLight die Illusion von noch mehr Tiefe. Jedenfalls gelingt es mir auch mit dieser Lautsprecher enorm fordernden Scheibe in Verbindung mit ganz erheblichen Lautstärken nicht, die German Physiks an ihre Grenzen zu bringen. Dabei überrascht es immer wieder, wie trocken und tief der einsame Biegewellenstrahler auch Pauken und Bass-Drums in den Raum drücken kann. Wirklich beeindruckend!


  • Aperion Audio Novus Tower 5

    Aperion was? Audio? Nie gehört. Dies war meine erste Reaktion auf die Anfrage der Redaktion, ob ich Lautsprecher von Aperion Audio aus den USA zum Test haben will. Normalerweise hat man, selbst wenn man das angesprochene Gerät noch nie gesehen hat, zumindest irgendwann, irgendwo etwas davon gehört oder darüber gelesen. Aber diesmal? Fehlanzeige. Tatsächlich existiert Aperion Audio bereits seit 20 Jahren in den USA als Lautsprecherhersteller der unteren Preisklassen. Dass man in Europa bisher nie…
    25.10.2019
  • Clarus Aqua und Clarus Crimson

    Bis vor wenigen Monaten war Clarus für mich kein Begriff, den ich mit einem Hifi-Produkt in Verbindung gebracht hätte. Die amerikanische Marke für hochwertige Audio-Kabel wird neuerdings in Europa vom Digital-Geräte-Spezialisten Mytek verkauft. Das macht neugierig, und die nähere Betrachtung lohnt sich. An Kabeln herrscht auf dem hiesigen Audio-Markt wahrlich kein Mangel. Wenn aber die rührigen, kreativen und weltweit erfolgreichen Mannen des polnisch-amerikanischen Digital-Wandler-Herstellers Mytek sich der Clarus Kabel annehmen, sollte man hellhörig werden. Denn…
    12.07.2019
  • Buchardt Audio S400

    Nach dem furiosen Debüt bei Hifistatement mit der S300 Mk II legt Buchardt Audio mit der S400 nach und will die bereits bemerkenswerten Eigenschaften des Basismodells noch gesteigert haben. Für Spannung war gesorgt. Das Abschneiden der Buchardt Audio S300 Mk II im Test bei Hifistatement war für Größe und Preis außergewöhnlich. Als sich die S400 ankündigte, folgte natürlich gleich der Versuch, ein Exemplar zur Besprechung zu bekommen. Allerdings verzögerte sich erst die Auslieferung, und dann…
    05.07.2019
  • Lumiks Performance Line 2 – SAT K2 PS & SUB W 45 PS

    In der oberbayrischen Lautsprecher-Manufaktur Lumiks werden ausschließlich Satelliten-Systeme gefertigt. Dabei geht es dem Inhaber Wolfgang Kühn nicht um einen Kompromiss zwischen bestem Klang und Wohnkultur. Im Gegenteil, er treibt beide Aspekte auf die Spitze. Lautsprecher-Hersteller im Allgemeinen verbindet genau das, was sie wunschgemäß eigentlich von einander unterscheiden soll: Der Anspruch, in der jeweiligen Preisklasse den best klingenden Lautsprecher anzubieten. Von dieser Motivation wurde Wolfgang Kühn eher nicht geleitet. Ihn beflügelte in all den Jahren, seit…
    12.03.2019
  • XTZ Spirit 4

    Den größeren Lautsprechern von XTZ wird allenthalben ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungsverhältnis attestiert. Interessant ist die Frage, wie sich die Spirit 4 aus der Einstiegsreihe schlägt. Nachdem bei Hifistatement die Divine Alpha, Delta und die 99.25 MK 3 jeweils hervorragend bewertet worden sind, war es an der Zeit, sich auch mal im Einsteigersegment beim schwedischen Direktvermarkter umzugucken. Die Wahl fiel auf den Kompaktlautsprecher Spirit 4, der für gerade einmal 480,00 Euro angeboten wird. Das Paar wohlgemerkt! Nach…
    22.01.2019
  • BETONart-audio SYNO supreme

    Zurück in die Zukunft oder voran in die Steinzeit? Jörg Wähdel, der Chef und Gründer von BETONart-audio macht das Beste daraus und hat sich bei seinen Lautsprechersystemen für beide Wege entschieden. Die SYNO supreme gibt es erst seit September dieses Jahres, das Basismodell SYNO ist seit zwei Jahren auf dem Markt. In den achtziger Jahren gab es einen Werbeslogan für Beton: Es kommt darauf an, was man daraus macht. Das gilt auch heute noch. Wähdel…
    07.12.2018

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.