Jetzt wird aus einem preislich recht deutlichen Missverhältnis zwischen Phonostufe und Tonabnehmer ein krasses: Ich verbinde das Lyra Olympos im Thales Simplicity mit dem Pro-Ject. Aber es dürfte gewiss aufschlussreich sein zu erfahren, wie sich die Phono Box in einem gehobenen High-End-Umfeld behauptet: Auf dem Teller liegt ein Test-Klassiker der frühen 80er Jahre, Blow Up mit dem Isao Suziki Quartet auf Three Blind Mice (tbm-2515). Die Phono Box bringt das Klangspektakel „Aqua Marine“ mit jeder Menge explosiver perkussiver Effekte, einem fein angezerrten Fender Rhodes, tiefem Bassgrummeln und einem mit geradezu erschreckender Vehemenz gestrichenen Cello so dynamisch und aufwühlend rüber, dass man in den ruhigeren Passagen von der präzisen Feinzeichnung der Becken geradezu verblüfft wird. Hoch anzurechnen ist dem Pro-Ject auch, dass er selbst bei den heftigsten Pegeln nie die Übersicht verliert. Die Instrumente bleiben an ihrem Platz im Raum stabil.
Selbstverständlich macht eine solche Scheibe nur Spass, wenn man sie in entsprechender Lautstärke genießen kann. Dazu muss man diesem Fall den Pegelregler der Marconi Vorstufe schon ziemlich weit aufdrehen, da meinen Olympos-Tonabnehmer der Zusatz SL schmückt: Der besagt, dass sich nur eine Lage Wicklungen auf dem Spulenträger befindet, was einerseits der Reinheit des generierten Signal zugute kommt, andererseits aber die Ausgangsspannung des Tonabnehmers reduziert. Aber trotz hoher Lautstärke und extrem niederiger Ausgangsspannung ist Spielpausen am Hörplatz so gut wie kein Rauschen zu vernehmen. Auch in puncto Fremdspannungsabstand bietet die Phono Box nicht den geringsten Anlass zur Kritik.
Selbst in meiner recht hoch auflösenden und keinesfalls euphonischen Kette leistet sich der Pro-Ject nicht den geringsten ohrenfälligen Fehler. Da komme ich um den eigentlich unfairen Vergleich mit der vielfach teureren, symmetrischen Einstein-Phonostufe einfach nicht herum: Die macht dann zwar klar, dass bei Feinzeichnung und Plastizität der Raumdarstellung noch ein Stückchen mehr geht. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Pro-Ject so perfekt abgestimmt ist, dass Sie – wie ich zuvor – nicht das Geringste vermissen werden, wenn Sie keinen direkten Vergleich zu besseren und entsprechend teureren Entzerrern haben. Die Phono Box bietet unverschämt viel Klang für's Geld. Als Zugabe bekommt man die Decca-Entzerrung, die ich nicht brauche, und die stufenlose Eingangswiderstand-Regelung. Die macht es einfach, den für den Tonabnehmer und der Rest der Kette stimmigen Wert einzustellen, denn der Pro-Ject gehört nicht zu den Phonostufen, bei denen ein paar Ohm zwischen gut und böse entscheiden können wie zum Beispiel beim Omtex Antares.
© 2024 | HIFISTATEMENT | netmagazine | Alle Rechte vorbehalten | Impressum | Datenschutz
Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.