MQA – ein Erfahrungsbericht, Teil 1

21.04.2017 // Wolfgang Kemper

Frage: Es gibt keine Analyse-Software, um die Files zu überprüfen, aber du sagst trotzdem, MQA sei lossy. Wie kommst du zu dieser Annahme?

Lothar Kerestedjian: Um die Qualität von Aufnahmen, die von uns als Studio Master angeboten werden, zu überprüfen, haben wir eine enge Partnerschaft mit Xivero, dem Hersteller von Musicscope. Mit Stephan Hotto haben wir aufwändig MQA-Files untersucht und dabei festgestellt, dass MQA lossy ist. Die Begründung hat Stephan in einem 44-seitigen Papier dargelegt. Hierzu wurden MQA-Files mit den derzeit verfügbaren Technologien analysiert. Das Ergebnis ist eindeutig. Das sagt die Analyse: Tatsächlich liefert das englischsprachige PDF „Hypothesis Paper to support a deeper Technical Analysis of MQA (Master Quality Authenticated) by MQA Limited“ eindeutige Ergebnisse, wobei Stephan Hotto anmerkt, dass grundsätzlich alle Aussagen unter den Rahmenbedingungen gesehen werden müssen, dass es sich um eine proprietäre Lösung handelt und viele Aussagen auf den genannten Quellen wie Patentanmeldungen und Dokumenten des MQA-Marketings basieren. Wichtig ist auch, dass das gesamte Papier referenziert wird, da es einen Gesamtüberblick ermöglicht. Das MQA-Paper kann übrigens hier entweder online gelesen oder als PDF heruntergeladen werden. Zentrale Punkte der Analyse sind: MQA verwendet die Bezeichnung lossless in dem Sinne, dass die Veränderungen nicht für den Menschen wahrnehmbar sind. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Bit-Tiefe verringert werden kann, da 24Bit-Aufnahmen lediglich 20Bit wirkliche Information beinhalten. Die 20Bit werden von MQA weiter reduziert und durch ein spezielles Dithering ersetzt. Im PDF wird näher erklärt, dass sehr gute native High-Resolution-Aufnahmen einen Signal-Rauschabstand deutlich besser als 20Bit erreichen. Ähnlich zu MP3, AAC und so weiter sind alle Annahmen, dass unser Gehör bestimmte Dinge nicht wahrnehmen kann, kritisch, da diese meist von aktuellen Forschungsergebnissen widerlegt werden. Wenn als verlustbehaftet gilt, dass durch ein Bearbeitungsverfahren Daten unwiederbringlich verloren gehen, dann ist MQA ein verlustbehaftetes Audioformat. Hintergrund ist, dass für die Speicherung der Ursprungsdaten laut Patentantrag circa 17Bit nonadaptive noise-shaped dithered zur Verfügung stehen, was vermeintlich einen Rauschabstand von 20Bit ermöglicht. Ein wirkliches 24Bit-High-Resolution-Audio-File wird definitiv nicht wiederhergestellt. Dies ist natürlich alleine schon durch die Aussage von Bob Stuart bestätigt, der klar sagt, dass selbst der hauseigene Lossless Codec (MLP) nur 37 Prozent Kompressionsrate erzielen kann (PDF Seite 6).

MQA verspricht eine Klangverbesserung, indem linear-phase-Filter, die Klingeln (Pre-Ringing) verursachen, vermieden werden. Die alternativ verwendeten kurzen non-linear-phase-Filter haben jedoch den Nachteil, dass sie ein 192kHz/24Bit-Audio-Signal bereits früh bandbegrenzen (vier Dezibel bei 40kHz) sowie Phasenfehler verursachen und somit die zeitliche Auflösung gegenüber einer nativen High-Resolution-Audiodatei deutlich verschlechtern (siehe Kapitel Apodization). Messdiagramme im PDF zeigen einen Vergleich zwischen dem kompatiblen MQA-Baseband und einer echten heruntergerechneten High-Resolution-Audio-Datei. Da wird sichtbar, dass der Noise-Floor angehoben wurde und dass ab 18kHz ein deutlich erhöhtes Rauschen auftritt. Nach der MQA-Dekodierung wird das Signal/Rausch-Verhältnis (SNR) nicht besser. Falls es sich ab 18kHz um Aliasing-Effekte handelt, können diese während des MQA-Decoding-Prozesses zumindest teilweise kompensiert werden. Auch wenn das decodierte MQA-Signal letztendlich wieder die gleiche Sample-Rate wie das ursprüngliche High-Resolution-Audio-File hat, wurde durch das Verfahren die Bit-Tiefe und somit der Rauschabstand verschlechtert. Darüber hinaus wird durch die MQA-Kanalfunktion die Bandbreite und daher die temporale Auflösung begrenzt.

Frage: Ist das Aus für das Angebot von MQA bei HighResAudio ein grundsätzlicher Entschluss?

Lothar Kerestedjian: Ich habe nichts gegen Bob Stuart und den Codec, aber er kann nicht etwas als Highres verkaufen, dass nicht Highres ist, und das ist bei MQA nach aktuellem Wissensstand der Fall. Daher habe ich vorläufig MQA aus dem Angebot genommen, bis der Sachverhalt klar kommuniziert und das Marketing von MQA korrigiert ist. MQA-Codes kommen für Streaminganbieter zum Tragen, um Traffic-Kosten zu sparen. Für Downloads macht es wenig Sinn. Alternative Codecs, die lizenzfrei sind und mit 99,8 Prozent der handelsüblichen HiFi-Geräte gestreamt werden können, existieren ja – wie zum Beispiel WAV, FLAC oder auch ALAC.

Frage: Also wird MQA dauerhaft aus dem Angebot von HRA genommen?

Lothar: Das habe ich nicht gesagt. Man kann gerne darüber reden, MQA wieder in das Angebot von HRA aufzunehmen, wenn der Codec ehrlich als verlustbehaftet beschrieben wird.

Frage: Dann könnte MQA doch einfach Teil des HRA-Angebots bleiben…

Lothar Kerestedjian: Theoretisch schon, aber wir können als Händler nicht etwas als verlustfrei verkaufen, das nicht verlustfrei ist. Denn damit würden wir ein Leistungsversprechen an den Kunden nicht einhalten, und das wird juristisch als Betrug gewertet. Kunden könnten dann von uns die Erstattung der Albumpreise verlangen, weil wir die Kommunikation des Herstellers ungeprüft übernommen haben. Nur bezweifele ich, dass uns der Hersteller in solch einem Fall für die entstandenen Verluste entschädigen würde. Am Ende wäre also nur HRA gekniffen, und das hiermit verbundene finanzielle Risiko ist bei unseren Verkaufszahlen viel zu hoch.

Frage: Dann müsste MQA nur die Kommunikation ändert, um die Files wieder in das Angebot von HighResAudio mit aufzunehmen?

Lothar Kerestedjian: Dass MQA die Kommunikation für die Kunden ändert, müsste man korrekter Weise sagen. Denn in Whitepapern der Audio Engineering Society AES und der Japan Audio Society JAS ist der Codec bereits als verlustbehaftet beschrieben worden. Alternativ kann uns MQA aber auch die seit Jahren versprochenen Werkzeuge zur Verfügung stellen, mit Hilfe derer wir überprüfen können, ob ein MQA-Container eventuell doch verlustfrei be- und verarbeitet werden kann. Dann können wir MQA auch anbieten und unseren Kunden weiterhin garantieren, dass sie native Studio Master Qualität erworben haben.

Frage: Also klare Kante – egal ob links- oder rechtsherum?

Lothar Kerestedjian: Audiophile Menschen sind bereit, für hohe Qualität entsprechendes Geld zu zahlen, aber das macht den HighRes-Markt auch zu einem sensiblen Markt, der ehrlich bedient sein will und muss, denn sonst versauen wir uns alle die Glaubwürdigkeit beim Endkunden. Und die Glaubwürdigkeit von HighResAudio stelle ich nicht auf’s Spiel.

Aus dieser Stellungnahme ergibt sich, dass MQA in den Bekanntmachungen von AES und JAS offiziell als nicht verlustfrei beschrieben wird. Im Marketing stellt es sich anders dar. Was ist von MQA zu halten, wenn zwar gegenüber einer originären Datei aufgrund der MQA-Filterung und eingearbeiteten A/D-Wandler-Merkmale Veränderung im musikalischen Inhalt, aufgrund des Music-Origami auch Bit-Verluste auftreten, dies aber letztlich klanglich dennoch zu klanglichen Verbesserungen führt? Dazu schrieb mir Dr. Matthias Lück von Brinkmann Audio eine Stellungnahme, die Sie im zweiten Teil lesen können. Der erscheint in wenigen Tagen und hat einen deutlich positiven Tenor.

Hersteller: www.mqa.co.uk


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