World Of Headphones in Heidelberg

04.03.2024 // Dirk Sommer, Birgit Hammer (Fotos)

Mitte August veranstaltete die High End Society in Essen erstmals eine World of Headphones außerhalb einer größeren HiFi-Messe, die zwei Tage dauerte. Am vergangenen Samstag fand in Heidelberg die zweite eigenständige, aber nur eintägige World of Headphones statt – und zwar wieder in einem beeindruckenden technischen Kulturdenkmal.

Diesmal hatten die Veranstalter den Tankturm in der Nähe des Heidelberger Bahnhofs ausgewählt. Der Turm wurde Ende der 20-er Jahre errichtet und diente bis in die 70-er Jahre der Versorgung von Dampflokomotiven mit Wasser. Seit 2015 finden sich im Denkmal der Industriekultur Büros, Ateliers, Proben- und Veranstaltungsräume. Die High End Society nutzte für die World of Headphones den Veranstaltungsraum im ebenerdigen Westflügel, die sogenannte Ladestation im Untergeschoss des Ostflügels, in dem Platten und CDs angeboten wurden, die Kathedrale im dritten Obergeschoss, den Kuppelsaal darüber und schließlich den Tank im Turmgeschoss, in dem früher bis zu 333 Kubikmeter Wasser Platz fanden. Dort verströmte während der Veranstaltung ein offener Kamin eine wohlige Atmosphäre, während bequeme Sessel und kleine Tischchen zum Ausprobieren von Kopfhörern und Zuspielern einluden. Hier konnte man das nahezu überwältigende Angebot des Headphone.Shop auch in der Kombination mit mitgebrachtem Equipment testen. Es fanden sich hier unter anderem die exquisiten Schallwandler von Abyss, Raal und Spirit Torino und Zuspieler von Astel & Kern und Chord Electronics.

 

Da diese Kopfhörermesse für den Headphone.Shop und seine Mitarbeiter, die auch alle Interessenten freigiebig mit Ohrstöpseln in verschiedenen Größen versorgten, eine Art Heimspiel darstellte – die großzügigen Geschäftsräume liegen nur etwa 500 Meter entfernt –, hatte man die unter dem Tank liegenden und durch eine interessante Wendeltreppenkonstruktion zu erreichende Etage, den Kuppelsaal, komplett mit Hörplätzen mit Equipment vorrangig aus dem eigenen Vertriebsangebot ausgestattet.

 

Die Kathedrale teilte sich audioNEXT mit MalValve. Aber, wie könnte es keine zehn Monate nach der High End und gerade mal vier Monate nach der Finest Audio Show in Wien auch anders sein, gab es leider keine Fülle von neuen, zuvor noch nie gesehenen Produkten. Bei audioNEXT standen bei den Zuspielern die inzwischen sehr erfolgreich am Markt etablierten Streamer von Eversolo im Fokus. Bei den Kopfhörern zog der Dan Clark Audio E3 das meiste Interesse auf sich. audioNEXT-Mitinhaber Carsten Hicking bescheinigt ihm klangliche Leistungen, die dem ebenfalls geschlossenen Topmodell Stealth (https://www.hifistatement.net/tests/item/3233-dan-clark-audio-stealth) in Sachen Ausgewogenheit sehr nahekommen. Dennoch sei der E3 nicht vorrangig ein unbestechliches Mastering-Tool, sondern vernachlässige auch keinesfalls das Genusshören – und das zu einem deutlich erschwinglicheren Preis als dem des Stealth. Wie der Kollege Carsten Bussler seine Erfahrungen mit dem E3 bewertet, können Sie noch in dieser Woche an dieser Stelle nachlesen. Bei MalValve hat der schon in Essen als Prototyp gezeigte Head Amp Five zum Grundpreis von 20.000 Euro nun Serienreife erlangt. Der vollsymmetrische Vollverstärker leistet zweimal 100 Watt und versorgt elektrostatische Kopfhörer ohne zwischengeschaltete Übertrager. Dabei ist die Polarisationsspannung per Potentiometer an der Geräterückseite von 500 bis 950 Volt einstellbar. Wie Firmenchef Dieter Mallach ausführte, profitiere vor allem der Stax 007 wegen seines im Vergleich zu den übrigen Modellen des Herstellers größeren Elektrodenabstands davon. Dank der hohen Spannung sei sogar der Betrieb der klassischen alten Jecklin-Kopfhörer am Amp Five möglich. Mit optional für circa 3500 Euro zu erwerbenden Ausgangsübertragern sei der Vollverstärker auch an Lautsprechern zu beitreiben. Am Stand von MalValve war auch wieder der deutschen Plattenspieler-Hersteller MagAudio vertreten. Firmen-Chef Helmut Biermann kündigte spätesten für das Analogforum der Analogue Audio Association ein Unterdruckansaug-System für seine Laufwerke an, das die Platte mit einer Kraft von 200 Gramm pro Quadratzentimeter auf eine Weichgummimatte drücke. Es soll zum Preis von 2.000 Euro auch bei bestehenden Laufwerken nachrüstbar sein.

 

Auf den 100 Quadratmetern des Ausstellungsraumes im Westflügel waren auch Werner Obst und seine Tochter Tara zu finden, die eine breite Palette von ifi-Produkten präsentierten. Besondere Hingucker waren der Diabolo 2 Wandler/Kopfhörerverstärker zum Preis von 1.300 Euro und der mächtige iCan Phantom, eine Mischung aus analogem (Röhren-)Vorverstärker und Wandler, der auch Elektrostaten mit unterschiedlichen Polarisationsspannungen versorgen kann. Das Gerät, dessen ungewöhnliches Design suggeriert, es handle sich um zwei übereinander stehende Komponenten, steht mit 3.750 Euro in der Preisliste und ist per Bluetooth 5.4 lossless anzusteuern. WOD zeigte auch den Weiss DAC502 MK2 zum Preis von 12.000 Euro, der mit vier statt zwei Wandlern ausgestattet ist, was auch im Zwei-Kanal-Betrieb klangliche Vorteile bringen soll.

 

Ebenfalls im Parterre stellte die Firma Fischeramp aus. Jochen Fischer vertreibt nicht nur seit 22 Jahren die In-Ears von Ultimate Ears, an den individuellen Gehörgang angepasste Monitorsysteme für Musiker, sondern fertig im Odenwald auch eigene In-Ears und passende Verstärker. Topmodell von Ultimate Ears ist der UE Premiere Ambient, eine Fünf-Wege-System mit 21 Treibern zum Preis von 3.600 Euro.

 

Claudius Voigt und Klaus Eulenbach präsentierten das HEDDphone und das HEDDphone TWO. Dabei steht HEDD für Heinz ElectroDynamic Design. Wer jetzt an Klaus Heinz, den Entwickler der Profi-Monitore von ADAM denkt, liegt hundertprozentig richtig. Und dafür spricht auch das Prinzip der Schallerzeugung in den HEDDphones: Die Treiber sind für diesen Anwendungszweck optimierte Air Motion Transformer. Das HEDDphone TWO kommt mit einem kompletten Kabelsatz, kostet 2.000 Euro und benötigt wie das kleinere Modell einen kräftigen Kopfhörerverstäker. HEDD empfiehlt den RME ADI 2 / 2.4, den SPL Phonitor x oder den Zähl HM1.

 

Auch im Erdgeschoss zeigte ATR die Modelle von Final und Stax. Zum Bedauern von Jens Wölfert hatte es der neue Final D7000 nicht mehr rechtzeitig zu Messe nach Heidelberg geschafft, weswegen der darüber angesiedelte D8800 zum Preis von 3.800 Euro weiterhin im Fokus stand. Dali zeigte sein mit oder ohne Kabel zu betreibendes Topmodell IO-12 mit Geräuschunterdrückung zum Preis von 1.000 Euro und Technics stellte seine erschwinglichen In- und Over-Ears vor.

 

PS: In Essen freute sich der Autor noch, sich umsehen und Informationen sammeln zu können, ohne von „Die Tänzerin“, „Coal Train“ oder „Hotel California“ beschallt zu werden. Letzteres war beim Vorbeigehen an einem Besucher, der einen großen Erzetich lautstark ausprobierte, in Heidelberg dann doch wieder zu hören. Der Musikgeschmack von Kopfhörer- und Lautsprecher-Hörern scheint sich nicht groß voneinander zu unterscheiden…

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