Erstmals fanden die Norddeutschen HiFi-Tage in Hamburgs Nordosten im Steigenberger Hotel Treudelberg statt. Ich zählte 157 Marken, was im Vergleich zu den in der Spitze über 400 Herstellern zu seligen Holiday-Inn-Zeiten ein wenig überschaubarer anmutete. Wie schön, versprach der Besuch doch weniger stressig zu werden!
Sechs Grad Celsius, grauer Himmel, Dauerregen. Hamburger Schmuddelwetter, alles wie immer also. Die Anreise mit dem Auto gestaltete sich für mich zunächst erfreulich entspannt. Bei früheren Veranstaltungen war die Verkehrs- und Parkplatzsituation – damals in Hamburgs Zentrum – alles andere als vergnügungssteuerpflichtig und einen Parkplatz in der Nähe des Hotels oder gar in dessen Tiefgarage zu finden, war stets so gut wie unmöglich. Doch jetzt konnte ich, grob in Richtung Flughafen Fuhlsbüttel unterwegs, den Stadtkern locker links liegenlassen, und dann das: Als ich am Samstagvormittag gegen elf Uhr am Veranstaltungsort ankam und locker den Blinker links setzte, um auf den Parkplatz abzubiegen, stand dort bereits ein Ordner mit Schirm, versperrte den Weg und bedeutete mir, bitte geradeaus weiterzufahren. Hotelparkplatz wegen Überfüllung geschlossen. Na super, auch alles wie immer. Also Parkplatzsuche irgendwo im Nirgendwo und ein paar hundert Meter weit durch das Schietwetter stiefeln… Wer zu spät kommt, den bestraft der Regen. Egal! Der Eintritt war übrigens wie immer frei, daran hat sich nichts geändert.
In zweierlei Hinsicht war es aus meiner persönlichen Sicht notwendig, bei den Norddeutschen HiFi-Tagen (NDHT) wieder ein wenig zur Normalität zurückzufinden, allerdings nicht in Sachen Wetter oder Parkplatzangebot. Einerseits galt es nach dem durch Corona bedingten Ausfall im Jahr 2021 und der Verschiebung des Regeltermins 2022 vom Februar in den August, überhaupt wieder in den regulären Kalenderrhythmus zurückzufinden. Der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier, ich zumindest. Die NDHT gehören in den Februar, Punkt. Andererseits fand ich 2020 sowie einige vorherige Jahre den Begriff „HiFi-Tage“ mittlerweile nicht mehr passend angesichts der Größe dieses Events, das hatte schon eher Messe-Charakter, mit allen widrigen Begleiterscheinungen. Es war zum Beispiel zeitlich leider völlig unmöglich, in den zwei zur Verfügung stehenden Tagen bei derart vielen Ausstellern in Kombination mit heftigen Besuchermassen wirklich überall einmal vorbeizuschauen, um überhaupt nur einen Blick auf die Geräte erhaschen, geschweige denn diese hören zu können. Eine solche Gefahr sah ich angesichts des Event-Downsizings in diesem Jahr nicht unbedingt und ehrlich gesagt verstärkte die Tatsache meine Vorfreude auf die diesjährigen NDHT erheblich.
Mir schien das gesamte Hotel mehr oder weniger in fester HiFi-Hand zu sein, freie Zimmer dürften an diesem Wochenende für normale Gäste wohl kaum noch zu kriegen gewesen sein. Alle Veranstaltungsräume im Erdgeschoss sowie der Großteil der Zimmer im ersten und zweiten Obergeschoss waren von den Ausstellern belegt. Service und Organisation durch das Hotelpersonal sowie den Veranstalter „NDHT Norddeutsche HiFi-Tage Verwaltungs UG“, namentlich Frau Ivonne Borchert-Lima mit ihrem Team, waren wirklich erstklassig: Der Besucherfluss war dank der klugen Anordnung der Aussteller und der weiten Verteilung im Hotel ausgesprochen gut, trotz regen Besucherandrangs gab es kaum sogenanntes „Crowding“ und selten verstopfte Gänge. In etlichen persönlichen Gesprächen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Stimmung sowohl bei Besuchern als auch bei Ausstellern ausgesprochen positiv war. „Schöne Atmosphäre“, „entspannte Vorführung“ oder „liebevolle Veranstaltung“ waren darüber hinaus nur einige der Wortfetzen, die ich auf den Fluren aufschnappte.
Wie immer gab es einige Aussteller, die für mich persönlich aus unterschiedlichen Gründen ein besonderes Highlight darstellten. Lautsprecherhersteller Cessario zum Beispiel führte sein neues Einstiegsmodell OPUS-I vor, ein Zweigweg-Hornlautsprecher mit 97,5 Dezibel Wirkungsgrad für schlappe 36000 Euro. Sehr lecker und sicherlich auch eine Option für Kleinleistungstrioden unter drei Watt Ausgangsleistung. Außerdem fand ich die von Symann Soundboards vorgestellten Schallwände sehr spannend. Michael Symann aus Ostwestfalen ist seit 30 Jahren als Klavier- und Cembalobaumeister aktiv und hat – inspiriert durch den Resonanzboden eines Klavierflügels – seine unter Spannung stehenden „Soundboards“ entwickelt. Damit verlässt er technisch und klanglich ausgetretene Pfade und stellt für mich neben dem üblichen Einerlei eine echte Bereicherung der Szene dar, zudem hat mich der ganzheitliche Klang dieser Lautsprecher sehr gefesselt. Schließlich habe ich mich persönlich gefreut, den umtriebigen, hochsympathischen und ideenreichen Andrejs Staltmanis wiedergetroffen zu haben. Er vertreibt unter anderem den Torsionsfeldvollverstärker von White Smoke Audio oder den Reibrad-Plattenspieler Reed Muse 1C mit lasergesteuertem Linear-Tonarm Reed Model 5T. Diese Geräte habe ich ja bereits für Hifistatement testen dürfen und er hatte sie zu Vorführung auch hier wieder mit im Gepäck. Für die Schallwandlung war ein voluminöses Horn mit Field-Coil Vollbereichsbreitbänder zuständig, das Staltmanis selbst entwickelt hat. Das gesamte Setup war im Zusammenspiel klanglich einfach der Hammer.
Ein dickes Lob an die Aussteller, die Organisatoren sowie das Steigenberger Hotel Treudelberg, das sich als Veranstaltungsort für die NDHT sehr empfohlen hat. Und schön zu erleben, dass wir nach drei intensiven Corona-Jahren bei derartigen Events wie den NDHT scheinbar so langsam wieder zur Normalität zurückkehren. Aber sehen Sie am besten selbst die diesjährigen Impressionen: