Speziell an diese Marke dachte ich, als ich in der Einleitung des ersten Teils des Messeberichts von lebendigem polnischen High End sprach. Audio Phonique bewegt sich definitiv im gehobenen Preisbereich. Es spielten der Power Conditioner PC01 für 8.000 Euro, der DAC DHT für 40.000 Euro, ein Pärchen Mono PSE 1605 für einen Paarpreis von 80.000 Euro und der Music Server für 10.000 Euro. Netto versteht sich. Der Lautsprecher ist noch ein Prototyp, wird aber wohl im Bereich von 60.000 Euro für das Paar liegen. Diese Vorführung war ein gutes Beispiel für scheinbar viel zu groß geratene Lautsprecher für den Raum, die aber wider Erwarten nicht nur extrem tief, sondern auch mit trockenem und kontrollierten Bass spielten.
Bei Kaizen Art war die Sprachbarriere im Weg. Die Wiedergabequalität und die Verarbeitung der Lautsprecher war für den aufgerufenen Preis derart unglaublich, dass ich die Marke gesondert erwähnen möchte, obwohl ich nicht mehr erfahren konnte, als auf der Website zu finden ist. Das Modell Amphan mit drei Treibern kostet umgerechnet nur etwa 3.400 Euro. Das zweite zu sehende Modell Soma verfügt über einen aktiven Bass und soll umgerechnet etwa 4.700 Euro kosten. Der selbstgebaute Preamp sah eher rustikal aus. Die Lautsprecher aber sind echte – bisher leider zu wenig beachtete - polnische Perlen.
Die 8c von Dutch & Dutch sind vollaktive DSP-Lautsprecher. Dies lässt sich sofort durch ihren geringen Wandabstand im Hörraum erkennen. Nur mit DSP kann man Lautsprecher in einer solchen Position in den Griff bekommen. Die zwei Treiber auf der Rückseite werden akustisch direkt an die Reflektionsfläche der Rückwand gekoppelt. Die Frequenzen ab 100 Hertz sollen durch das Design der Front gepaart mit den „Laufzeitöffnungen“ an der Seite weitestgehend frontal und gebündelt abstrahlen. Die Anpassung der Lautsprecher an den eigenen Hörraum kann der Nutzer selbst mit der Messsoftware REW vornehmen. Diese Herangehensweise ist sehr ungewöhnlich. Normalerweise tun Hersteller von DSP-Lautsprechern alles dafür, den Nutzer „auszusperren“. Er soll besser nicht an Stellschrauben drehen, von denen er wenig oder keine Ahnung hat. Dutch & Dutch hingegen stiften uns geradezu dazu an, mit den Möglichkeiten des Lautsprechers zu spielen. Wer keine Erfahrung mit dem akustischen Vermessen von Räumen oder REW hat, kann für 500 Euro eine online assistierte Messsession inklusive UMIK-1 Messmikrofon buchen. So muss HiFi der Zukunft sein. Ein Paar 8c kostet 14.000 Euro. Wenn alles klappt, kann ich die 8c bald für Sie testen.
Bei der Audio Group Denmark ist mir ein Fauxpas unterlaufen. Dass der neue Standlautsprecher Børresen X3 mit 11.000 Euro auch in die Nähe meines finanziellen Rahmens kommt, hat mich derart erfreut und abgelenkt, dass ich die Børresen M1 nicht abgelichtet habe. Es ist aber wirklich schwer zu begreifen, wie ein Lautsprecher dieser Güte mit einer derartigen Verarbeitung und Kohlenstofffaser an allen Ecken und Kanten so günstig sein kann. Zu allem Überfluss teilt er auch noch die üblichen Børresen-Gene: Äußerste Präzision in der Wiedergabe, mächtig Druck und Präsenz im Bassbereich bei gleichzeitiger Eleganz. Da kann man schon mal den Über-Kompaktlautsprecher M1 für 94.000 Euro aus den Augen verlieren. Glücklicherweise finden sich zum M1 schon jede Menge Infos auf der Website der Audio Group und ein Link zu einem Youtube-Video, in dem Michael Børresen erklärt, was es mit diesen uneingeschränkt kompromisslosen Lautsprecher auf sich hat. Ein höchst beeindruckendes Merkmal ist der nach der Finite-Elemente-Methode konstruierte und aus Zirkonium 3D-gedruckte Korb des Lautsprechers. Mehr Innovation und High Tech geht nicht. Einen ähnlich bleibenden Eindruck hinterlässt der Vollverstärker Aavik I-880 mit seinem geschmackvollen Materialmix. Er soll 200 Class-A-Watt liefern. Niemand geringeres als Flemming Rasmussen, der seit einiger Zeit Gryphon hinter sich gelassen hat und eine neue Schaffenssphäre bei der Audio Group Denmark fand, hat an diesem Schmuckstück mitgewirkt. Der Verstärker soll 67.000 Euro kosten. Schlussendlich war die schwer zu fotografierende Gold Signature Kabelserie zu sehen.
Für Ferrum ist die Audio Video Show ein Heimspiel. Wie immer waren Firmeninhaber Marcin Hamerla und sein Team gut gelaunt. Noch am Donnerstag vor der Messe lud Ferrum zum Rundgang durch dir Firma ein. Diesen Termin habe ich aufgrund meiner späten Anreise am Donnerstagabend leider verpasst. Allerdings habe ich vor ziemlich genau einem Jahr bereits einen umfangreichen Bericht über einen Besuch bei HEM, dem Mutterunternehmen von Ferrum, in Teil 1 und Teil 2 geschrieben. Im Messeraum sind die bisher erschienenen Geräte von Ferrum ausgestellt. Das Hybridnetzteil Hypsos (1.200 Euro), der Kopfhörerverstärker OOR (2.000 Euro) und der DAC/Kopfhörerverstärker Erco (2.400 Euro) waren allesamt bereits bei uns im Test. Es fehlt aber im Portfolio ganz offensichtlich noch ein reiner Digital/Analog-Wandler. Wie üblich ist Marcin sehr offen und verrät bereits viel über Geheimprojekt Codename 060. Einzig der Name des neuen Ferrum Geräts ist und bleibt bis zum Launch geheim. In jeweils einer Vorführung am Samstag und am Sonntag brachte Marcin und sein Team dem Publikum mit Prototyp-Boards näher, wie bei der klanglichen Feinabstimmung bei Ferrum vorgegangen wird. Dazu wurden von Ferrum drei separate Platinen gefertigt. Eine mit dem Netzteil, eine Kontroll- und Steuerplatine, dessen Herzstück die universell einsetzbare Platine Serce, polnisch für Herz, ist und die verschiedenen Prototypen des auf dem ESS ES9038PRO SABRE Chip basieren Audioboards. Vom Audioboard wurden verschiedene Versionen angefertigt, die sich hauptsächlich im Bereich der den Wandler-Chip umgebenden Architektur unterscheiden. Zwei verschiedene Boards wurden dem Publikum im Vergleich vorgeführt. Eines hat bereits das Rennen gemacht und wird im fertigen Gerät zum Einsatz kommen. Wer sich für diese Thema interessiert, findet auf dem Youtube-Kanal von Ferrum Audio ein halbstündiges Video, das etwas mehr über die verschiedenen Audioboards verrät und in dem man die Entwickler bei der Hörevaluation begleiten kann. Selbstverständlich ist Projekt 060 bereits für einen ausführlichen Test bestellt. Den neuen ohrumschließenden Bändchenkopfhörer von RAAL-requisite an einer Kette aus OOR, Erco und Hypsos, das dank passendem Ferrum-Splitter beide Endgeräte mit Strom versorgen konnte, zu hören, war ein besonderes Vergnügen. Leider ist für den Bändchen-Kopfhörer prinzipbedingt ein Transformator notwendig, in dem sicher einige Prozent Wiedergabequalität des OOR stecken bleiben. Dennoch bleibt dieses Setup für mich eine Traumkombi.
Stichwort Bändchen: Die Diptyque DP107 haben bei mir Schockverliebtheit ausgelöst. Für meine Ohren haben diese Magnetostaten mit Bändchenhochtönern zum Besten gehört, was die Show zu bieten hatte. Ihre Impulsivität, Natürlichkeit und betörendes Timbre ließen sich kaum toppen. Dabei sind sie auch noch zeitlos elegant und nicht übermäßig riesig. Ihrem Bassdruck sind dementsprechend Grenzen gesetzt, aber es ist das Gesamtpaket, was diese Lautsprecher auf vielerlei Ebenden für mich so überaus ansprechend macht. Es ist lange nicht mehr passiert, dass der Haben-Wollen-Reflex derart groß war. Die Faszination rührt sicherlich auch daher, dass ich nie ein Paar Magnetostaten besessen habe, aber nicht zuletzt der humane Preis von etwa 6.000 Euro spielt eine Rolle. Die Elektronik von Kinki Studio hat mir den Rest gegeben. Der gesamte Raum trifft genau meinen Nerv.