Bevor Wolfgang Kemper mit den folgenden Bildern und Hörerlebnissen unsere Messeberichterstattung beschließt, seien noch kurz einige kürlich von der High End Society veröffentlichte Zahlen genannt: In diesem Jahr wurden 12 Prozent weniger Besucher, jedoch 7 Prozent mehr Fachbesucher und 2 Prozent mehr Journalisten gezählt. Daraus ergibt sich insgesamt ein leichtes Minus von 6 Prozent
Für die nächste High End wünsche ich mir selbst etwas mehr Zeit für die Hörerlebnisse. Auch wenn aus raumakustischen Gründen und wegen des überwiegend vom Rechner eingespielten Musikmaterials keine direkte Vergleichbarkeit der gehörten Anlagen gegeben ist, lässt sich doch erkennen, wo Stärken einzelner Kombinationen liegen. Den neun in diesem Jahr gehörten Anlagen kann ich jedenfalls einen hohen Genuss-Faktor bescheinigen. Unterschiede sind klar zu hören aber dennoch schwer zu klassifizieren, da die persönlichen Hörvorstellungen und auch die Relation zum Preis eine Rolle spielen. Nach diesen Erfahrungen weiß man jedoch, wo man in der Zeit nach der High End weiter und genauer hinhören möchte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit diesem schönen Hobby bis zur nächsten High End.
Direkt neben dem Raum von Quadral im Atrium 4 waren in einer gemeinsamen Präsentation der Thales Plattenspieler TTT Compact, bestückt mit dem Thales Simplicity II Tonarm und dem EMT JSD P 6.0 an der EMT Phonostufe zu hören. Für die Leistung sorgten zwei gebrückte Endstufen von Acoustic Plan aus Konstanz. Als Schallwandler war die schlanke Raidho D-2 für 28000 Euro im Spiel. Der Gesamtpreis der Kette lag bei etwa 100000 Euro. Thales-Chef Micha Huber selber führte vor und wies mir einen Platz in der ersten Reihe zu, sehr dicht vor den Lautsprechern. Er legte zuerst ein Orgelkonzert von G.F. Händel – gespielt in der Olde Katholiek Kerk in Haarlem – auf seinen Plattenspieler, genau passend zum Sonntagmorgen und traf damit meinen Nerv. Das war schlichtweg schön. Sorry, aber der Klang einer Anlage ist eine Sache, die Musik ist die Hauptsache. Ohne Anstrengung konnte ich der sehr freien Abbildung der Orgel, der Streicher und des Cembalos folgen und mich störte nicht, dass ganz tief vielleicht etwas mehr Druck hätte da sein können. Es folgte „Le Cid“ von Massenet. Das Stück klang homogen, sehr räumlich und mit unerwartet viel Energie im unteren Frequenzspektrum. Die Höhen waren klar und sauber, aber etwas weniger zart als bei Brinkmann-Vandersteen oder Kondo-Kawero. Bestechend war die plastische Darstellung und die Leichtfüßigkeit, mit der die Musik vorgetragen wurde. „Phases Of The Three Moons“ von Andreas Vollenweider erklang sphärisch und gleichzeitig standfest. Das Meer habe ich ganz dicht vor meinen Füßen wahrgenommen – so wirklichkeitsnah klangen die Wellengeräusche. Micha Huber legte zum Schluss Vivaldis „Nisi Dominus“ mit dem Countertenor James Bowman auf. Auch dies war ein Genuss. Ich weiß nicht, wem ich mehr Beifall spenden soll: War es die Anlage, die mich wirklich gefangen hat oder doch Thales-Chef Micha Huber, der aus seiner feinen Plattensammlung – für mich – treffsicher auflegte.
Eine Kette aus MSB Transport, Renderer und DA-Wandler, gefolgt von einer MSB Stereo-Endstufe, neuen MSB Kabeln und den Stereokonzept Lautsprechern Modell 3 war das nächste, was mich reizte. Dies besonders deshalb, weil der Vorführraum gerade mal nahezu leer war und ich mit unterschiedlichen Stereokonzept Lautsprechern auf diversen Ausstellungen wie dem Analog Forum in Krefeld oder den Norddeutschen HiFi-Tagen in Hamburg immer wieder kurze, gute Eindrücke gesammelt hatte. Also nahm ich die Gelegenheit beim Schopf. Ich wünschte mir „Fields Of Gold“ von Eva Cassidy, das auf einem Mac zur Verfügung stand. Mir gefiel die Stimme wegen ihrer Körperhaftigkeit sehr gut und auch, weil sie sehr realistisch zwischen den Lautsprechern stand, obwohl diese ziemlich weit auseinander platziert waren. Das folgende, von Patricia Kaas live vorgetragene „L´heure de Jazz“ erfreute wegen des unaufdringlichen, seidigen Obertonbereichs. Die Live-Atmosphäre vermittelte die MSB-Stereokonzept-Kette mit Leichtigkeit. Schön die lebendige Dynamik, obwohl die Lautstärke eher zurückhaltend war. Die Telarc-Produktion von Holsts „Planeten, Uranus“ inszenierte das Set klangfarbenstark und detailreich. Das genaue Timing und die Rhythmik ließen die Füße selbst bei dieser Musik im Takt wippen. Johannes Rickert von Stereokonzept spielte darauf „Perfect Sense Part II“ von Roger Waters und siehe da, dies stellten die optisch dezenten, aber technisch aufwändig konstruierten Modell 3 so sphärisch in den Raum, so dass ich geneigt war, nach weiteren Lautsprechern hinter mir Ausschau zu halten. Ebenso großartig präsentierte die Audio-Kette Elvis Presleys „Are You Lonesome Tonight“: Eine große Bühne mit tollem Klang. Dies wurde nur noch von Johnny Cash mit „Danny Boy“ übertroffen. Das setzte Emotionen frei. Berührend, ja ergreifend klang die gealterte Stimme des großartigen Musikers und hinter ihm, wie ein akustischer Vorhang, die Orgel.
Einstein aus Bochum war heuer erstmalig auf der High End im MOC. In den Jahren zuvor traf man die edlen Produkte auf der hifideluxe. Neugierig machte mich die „kleinere“ der zwei Vorführungen bei Einstein, weil hier der neue, relativ preiswerte Einstein The Speaker vorgestellt wurde. Das Paar kostet ohne Ständer 10000 Euro und entstand in Kooperation mit Dr. Karl Schuemann von AudioMachina. Ebenso wie die AudioMachina besteht The Speaker aus einer Aluminium Front- und Rückseite. Der Rahmen ist hie allerdings aus Holz konstruiert und trägt nach außen das glänzende Einstein-Finish.
Mit im Spiel waren Einsteins Tonabnehmer The Pickup im neuen Einstein The Tonarm, die neue The Phonostage, der neue The Amp Ultimate und The Octopus Netzleiste, alles untereinander verbunden mit den entsprechenden Kabeln von Einstein. Auf meinen Wunsch hin legte Volker Bohlmeier Oscar Petersons „You Look Good To Me“ auf. Und es klang gut. Der recht flache, neue The Speaker erwies sich mit seinen Partnern als sehr spielfreudig und stellte das Trio sehr lebendig in den Raum. Ich fühle mich recht dicht am Geschehen. Nächstes Stück: Ryan Adams Live At Carnegie Hall „Oh My Sweet Carolina“. Noch bevor der Gesang einsetzt, reißt das Erklingen der ersten Gitarrensaiten förmlich mit und ich fühle mich eingereiht ins Publikum. Spätestens, sobald der Sänger seine Mundharmonika spielt, wird das Erlebnis unmittelbar. Im Titel „´Til my Back I Got No Bone“ vo Albert Kings Album I Wanna Get Funky rollte der Bass und die Percussion schillerte farbenprächtig. Die Stimme wird eingebettet in impulsreiche Tonmalerei. Die Musik wirkt transparent und gleichzeitig sehr homogen. Die Einstein-Kette hat keine Probleme, mein Rhythmusgefühl anzusprechen und mich im Takt bewegen zu lassen. Der Detailreichtum ist in ein sehr schönes und angenehmes Klanggemälde eigebettet. Eine meiner aktuellen Liebling- LPs, Be Good von Gregory Porter, habe ich zuvor ganz selten mit so viel Rhythmus und Timing genießen können.