Ich habe dann einige Wochen mit der Audio Exklusiv Phonostufe im Alltagsbetrieb Musik gehört, ohne irgendwelche Vergleiche, ohne überhaupt an diesen Test zu denken. Und in dieser Zeit habe ich meinen etatmäßigen Entzerrer, die symmetrischen Einsteins, nicht einmal vermisst. Auch über einen längeren Zeitraum zeigte die P2 nicht die geringste Auffälligkeit. Die Tatsache, dass man längere Zeit völlig zufrieden mit einer zu testenden Komponente in seiner Kette gelebt hat, hat für mich zwar schon jede Menge Aussagekraft, dürfte Ihnen allerdings deutlich zu pauschal sein. Und deshalb habe ich den Phonoentzerrer nach seinem Besuch in unserem Fotostudio noch einmal ausgiebig gehört, mit unterschiedlichen Tonabnehmer und im Vergleich zu Einsteins The Turntable‘s Choice. Da grade von Spaß die Rede war, beginne ich mit Muddy Waters „Mannish Boy‟ auf der 45er-LP zum Levis-Werbespot und dem Brinkmannschen EMT-Derivat: Da sind überschäumende Spielfreude der Musiker und ein packender Groove garantiert, und zwar bei beiden Entzerrern, die sich insgesamt nicht viel nehmen. Der Einstein macht in den unteren Oktaven minimal mehr Druck und klingt einen Hauch dreckiger, was bei dieser Art von Musik durchaus authentisch wirkt. Dafür umgibt der Audio Exklusiv die Instrumente mit etwas mehr Luft wieder und zeichnet die Höhen eine Spur einschmeichelnder. Allerdings musste der deutlich teurere Einstein für diesen Test auf die Fensterbank hinten den Racks ausweichen, und auch die unsymmetrischen respektive symmetrischen Kabel, die die Tonarme mit den Phonostufen verbinden, kommen nicht vom selben Hersteller, wenn auch aus der derselben, hohen Qualitätsstufe.
Weiter geht‘s mit der Decca SPA 233 und Rodrigos Concierto De Aranjuez: Hier spielt der P2 sehr fein und klangfarbenstark, zeichnet ein filigranes und etwas distanzierteres Bild, während der Einstein ein wenig zupackender agiert und eine etwas größere, nähere, in ihrer Gesamtheit mindestens ebenso tiefe Abbildung präsentiert. Jeder der beiden Entzerrer für sich genommen setzt die Signale des EMT völlig überzeugend und in sich stimmig in Szene, nur wenn man den Gegenentwurf des Vergleichsgerätes hört, kommt man ins Grübeln darüber, ob hier vielleicht eine etwas energiereichere Gangart und dort ein Quäntchen mehr Luftigkeit wünschenswert wäre. Die ungemein hohe Qualität der beiden Phonostufen steht dennoch außer Frage.
Wechseln wir zum Kuzma 4Point und dem Lyra Olympos. Hier bezieht der Einstein sein Signal über die durchgehenden Kabel, während der Audio Exklusiv über die Cinch-Box und die Ortofon TSW 5000 verbunden wird – natürlich nicht gleichzeitig. Aber auch dieses Experiment gelingt nur zum Teil, denn wenn die Cinch-Verbindung zum P2 besteht, hängt das fest mit Arm verbundene Kabel mit den XLR-Stecker quasi in der Luft und betätigt sich als Antenne. Neben dem Signal vom Olympos bekommt der Audio Exklusiv auch ein schwaches Radiosignal. Man kann die Qualitäten des Lyra zwar erkennen, ein Vergleich des P2 mit dem Einstein verbietet sich unter diesen Umständen jedoch. Daher steht nun eine kleine Umbaupause an: Ein SME V nimmt die Position des Kuzma ein und wird mit einem Lyra Titan i bestückt. Auf dem Teller liegt nun das Reissue der Three Blind Mice TBM-63: Isao Suzukis Black Orpheus. Die Impulse von Cello und Bass und die rauhen Töne eines angezerrten Fender Rhodes springen einen förmlich an. Der außergewöhnlich direkte Studiosound versprüht einen unwiderstehlichem Groove und eine enorme, geschmeidige Kraft. Und das ganz unabhängig davon, ob Einstein oder Audio Exklusiv die Entzerrung übernehmen. Mit beiden lässt sich die Scheibe ungeheuer intensiv genießen. Was macht da ein wenig mehr Druck hier oder ein bisschen mehr Durchzeichnung da noch aus, wenn man sich auf solch hohem Niveau bewegt?
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