Flächenstrahler fristen in der Lautsprecherwelt nicht ganz ohne Grund ein Nischendasein, sind sie doch aufgrund ihrer Dipolnatur nicht so ohne weiteres in eine Wohnlandschaft zu integrieren, und nicht zwingend so bassstark, wie der eine oder andere dies gern hätte. Gegen diese Vorurteile treten zwei ein Meter dreißig hohe Flächenstrahler aus Griechenland an.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Mit Flächenstrahlern verbindet mich eine tiefe Hassliebe. Ersten Kontakt mit dieser Spezies von Schallwandlern hatte ich Ende der 80-er Jahre. Für FonoForum schreibend tätig hörte ich damals bei einem Kollegen die Quad ESL63. Das war ein tiefer Kulturschock, den ich nur dadurch überwinden konnte, dass ich umgehend ein Pärchen dieser Elektrostaten erwarb. Nach ein paar Monaten, während denen ich im höchsten Elektrostaten-Glück schwelgte – welcher Schallwandler ist denn auch nur annähernd so schnell, tonfarbecht und im wahrsten Sinne des Wortes durchsichtig wie ein Vollbereichselektrostat – folgte prompt die Ernüchterung: Wie soll man mit diesem Schallwandler tiefe und tiefste Töne erzeugen? Vielleicht mithilfe eines Subwoofers? Nur mit welchem? Immerhin ist der ESL 63 ebenso wie alle anderen Flächenstrahler, also auch Magnetostaten à la Magnepan ein Dipol, der nach hinten genauso wie nach vorn abstrahlt. Was aber, wenn der Subwoofer kein Dipol ist? Wie harmoniert dann die Kombination aus Flächenstrahler und Subwoofer? Gut, dass damals der extra für den ESL 68 gebaute Dipol-Subwoofer von Gradient über den deutschen Quadvertrieb zu haben war. Auf dem Gradient stehend erreichte der ESL abgesehen vom Tieftonfundament eine optimale Betriebshöhe. Was will der Flächenstrahler-Junkie mehr? Ganz einfach: einen knackigen Bass und nicht die weiche Vorstellung des Gradient. Dann doch lieber den ESL 63 solo.
Mangelnder Tiefbass in Verbindung mit unzureichend punktscharfer Abbildung trotz Pseudopunkschallabstrahlung des 63-ers führten dann nach etwa einem Jahr himmelhochjauchzender Begeisterung für und zutiefst betrübtem Frust über den ESL 63 erst einmal zum Ende meiner großen Liebe zu Flächenstrahlern. Was ich damals nicht wusste, war, dass man einmal infiziert vom Flächenstrahlervirus niemals mehr ganz gesundet. Heute weiß ich, dass es die verzerrungsarme, unvergleichlich live-nahe Mittenwiedergabe eines Quad-Elektrostaten ist, die sich, einmal erlebt, tief in die Hörerinnerung eingräbt und einen nie mehr ganz loslässt. Gute 15 Jahre später führte diese Erkenntnis bei mir zum finalen Erwerb eines Quad ESL 57 in der von der Quad Deutschland GmbH angebotenen refurbished version mit neuen Elektrostaten-Panels und kultiviertem Äußeren. Das ist auch der Grund, weshalb in unserer Redaktion ein Pärchen ESL 57 steht, großzügig ignoriert vom Chefredakteur, dessen Sache Flächenstrahler nicht sind.
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