tests/17-11-06_quadral
 

quadral Platinum+ Seven

06.11.2017 // Wolfgang Kemper

Bei derart viel Präzision in der Auflösung werde ich beinahe misstrauisch, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es nicht auch eine Kehrseite der Medaille gibt. Ich habe wirklich etliches Musik-Material getestet und nur eine LP gefunden, wo etwas nicht stimmte. Nur liegt das in diesem Falle für mich ganz eindeutig in der Bearbeitung der Aufnahme. Jennifer Warnes gefühlvolles Kunstwerk Famous Blue Raincoat hat im Reissue von Impex Records von 2015 etwas Artefaktisches im Präsenzbereich. Dieses Phänomen ist mir auch bei anderen Tests aufgefallen und somit ganz sicher nicht der Seven zuzuschreiben. Sie macht, wie es sich für einen ehrlichen Lautsprecher gehört, eben auch derartige Mängel deutlich. Dennoch erlaubt sie durchaus auch das Hören mit Genuss von weniger gelungenen Aufnahmen wie Oldies. Creams Abschieds-Album Goodbye (RSO 2479202) sei dafür als Beispiel genannt. Die Songs wie Chester Burnetts „Sitting On Top Of The World“ klingen oft etwas sumpfig. Das ist ganz und gar anders mit diesen Lautsprechern. Ich kann es kaum beschreiben, welch großartige Live-Bühne die neue quadral gestaltet und es geht so richtig zur Sache. Dabei ist Claptons Gesang ungewohnt deutlich und bestens verständlich. Dieses Album ist sicher keine audiophile Produktion, aber in dieser Darbietung absolut Cream, nämlich eine Sahne-Performance. Spannend war für mich auch die Frage nach dem Einfluss von Endstufen und Lautsprecher-Kabeln. Als ich meine Spectral-Endstufe gegen die etwas burschikoser auftretende alte NAD 2200PE austauschte, geriet der Unterschied beinahe unbedeutend. Zwar arbeitete die Platinum+ die klanglichen Charaktere der beiden Endstufen genau heraus, machte aber musikalisch weiter, als könne sie sagen: „Ihr dürft mir gern den Strom liefern, aber wie es klingt, bestimme ich.“

Weit entfernt von der Bass-Weiche ist die Mittel-Hochton-Weiche im oberen Gehäuse untergebracht
Weit entfernt von der Bass-Weiche ist die Mittel-Hochton-Weiche im oberen Gehäuse untergebracht

Ich möchte noch einmal betonen: Das Beeindruckende an der Platinum+ Seven sind nicht alle ihre punktuellen Stärken. Zwar imponieren Räumlichkeit und Präzision, doch das wirklich Überwältigende ist die Stimmigkeit insgesamt. Nahtlos und harmonisch fließt musikalisch alles ineinander. Das Mittel-Hochton-Trio mit dem Altima-Chassis und dem Ring-Radiator fügt sich perfekt an die Bass-Einheiten an. Gemeinsam erzeugen sie eine begeisternde Dynamik im Groben wie im Feinen. Diese findet ihre partnerschaftliche Ergänzung in der erwähnten Durchhörbarkeit. Klar und prägnant klingen Stimmen, seidig und präzise Streichinstrumente, wie etwa in den Symphonien von Anton Bruckner in der Gesamt-Einspielung des Saarbrücken Radio Symphony Orchestra unter Stanislaw Skrowaczewski (Oehms OC 207). Die quadral Seven kann sich zurückhalten. Feines kommuniziert sie leise und angemessen, bei Bedarf auch bescheiden in der Größe. Dann aber inszeniert sie wieder druckvoll, gewaltig und großräumig. Furios und voller Energie stellt sich Le Sacre Du Printemps mit dem Concertgebouworkest Amsterdam unter Colin Davis (LP Philips 500323) dar. Die herrlich offene Darbietung der explosiven Streicher-Stakkati und der Perkussionsinstrumente faszinieren und packen den Hörer.

Hochwertig in Material und Verarbeitung: die Anschlüsse und der Wahlschalter für die Hochton-Raumkorrektur
Hochwertig in Material und Verarbeitung: die Anschlüsse und der Wahlschalter für die Hochton-Raumkorrektur

Der Tausch des Real Cable gegen das QED Genesis Silver Spiral Lautsprecherkabel führte zu einer leichten Abmilderung der Höhen und schien beim anfänglichen Hören ein wenig reduzierte Hochton-Dynamik zu vermitteln. Es klang ausgewogen und nach kurzer Gewöhnung auch gleichermaßen schön. Die Platinum+ Seven dominierte den Klang des Ensemble und ordnete den Einfluss der Kabel in die Kategorie Geschmackssache ein. Ihre positiven Eigenschaften büßte sie durch keines meiner Experimente auch nur ansatzweise ein. Sie überzeugte stets unter Berücksichtigung der Merkmale der Zuspieler, arrangierte mit ihren klanglichen Fähigkeiten die Musik stets stimmig und fließend. Wohl auch die Fähigkeit der zeit-richtigen Abstrahlung ließ stets das Gefühl von Echtheit und Spannung aufkommen. Die Seven bietet die Musik nicht nur mitreißend dar sondern zwingt den Hörer beinahe, in die Werke hineinzuhören und sich mit ihnen zu beschäftigen. Das führte zu langen Hörabenden. Ich habe einige Stücke wirklich neu erleben können. Besonders das oft gehörte Tin Can Alley von Jack DeJohnette´s Special Edition (LP ECM 1189) hat mich so richtig gepackt. Das letzte Zehn-Minuten-Stück „I Know“ empfand ich als extrem imposant und faszinierend, weil die Instrumente hautnah im Raum standen. Dabei öffnete sich die Bühne deutlich nach hinten, relativ wenig vor den Lautsprechern. Aber es war, als wirbelten die Töne der Saxophone leibhaftig vor mir, glasklar und greifbar.


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