So weit so gut, so weit klassischer Lautsprecherbau, wenn da nicht die Positionierung des Tweeters wäre. Gut sechs Zentimeter in einer Hohlkehle zurückversetzt, ist der „Spezialist für die Höhen“ in das Gehäuse eingelassen. Wiewohl diese abgestufte Gestaltung der Schallwand nicht nur von Norbert Heinzes alter Wirkungsstätte ascendo bekannt ist, fällt die gewählte Ausführung bei den Holografen optisch aus dem Rahmen.
Das Leitmotiv für diese ungewöhnliche Konstruktion ist der Anspruch, einen Schallwandler zu erschaffen, der die akustischen Vorteile eines hochwertigen Breitbandchassis mit der Fähigkeit kombiniert, ein unlimitiertes homogenes Frequenzbandes darzustellen. Eine umfassende punktförmige Schallquelle also, die keine Interferenzen durch Laufzeitunterschiede kennt und damit eine präzise realistische Räumlichkeit reproduziert. Daneben soll sich das System auch an klanglich ungünstigen Standorten unbeeindruckt durchsetzen können. Die Gestaltung der Stirnseite ist dabei nur ein Element, das dem Erreichen dieses Zieles dient. Exquisite Wandler aus dem Hause des norwegischen Chassis-Experten Seas und der konsequente Aufbau der nötigen Filtergruppen sind die weiteren Bausteine.
Trotz der moderaten Abmessungen, verbietet sich eine Klassifizierung der Holograf als Regallautsprecher, denn in einem Regal oder auf einem Sideboard haben die Pretiosen wahrlich nichts zu suchen. Ständerlautsprecher, wiewohl zutreffend, hört sich allerdings arg sperrig an. Eine stabile Auflage, die die Holografen auf Ohrhöhe (im Idealfall befinden sich unsere Hörorgane auf derselben Ebene, die den Hochtöner vom Tieftöner trennt) hievt, sollte es schon sein. Meine weißen Testmuster stand auf Stativen von Langerton, einer soliden Konstruktion, die parkettfreundlich auf Spikes verzichtet.
Bei der Ausrichtung orientierte ich mich an den Empfehlungen von Andreas Krebs: zum Hörer angewinkelt mit einem ordentlichen Abstand zur Rückseite. Nun ist mein Hörraum rechteckig, nicht übermäßig groß, und eine vernünftige Hörsituation ergibt sich nur über die „kurze“ Seite. Mehr als 50 Zentimeter Wandabstand (gemessen bis zur Rückseite) sind daher nicht drin – und dennoch genug wie der Hörtest zeigen sollte. Die Achsen der Lautsprecher kreuzten sich etwas hinter dem Kopf, ganz so, wie es mir empfohlen wurde. Experimente mit verschiedenen Winkeln, bescherten merkliche Veränderungen in der Tonalität und ebenso in der Raumdarstellung. Gut vorstellbar, dass in andersartigen Raumsituationen abweichende Aufstellungen zu besseren Ergebnissen führen. Kapriziös sind die Holografen bei der Aufstellung allerdings nicht, schon liederlich positioniert klingen sie sehr ansprechend – pingelig zurechtgerückt wird es aber eben noch besser, insbesondere im Sweet Spot. Das postulierte Ziel, einen „aufstellungs-unkritischen“ Lautsprecher zu entwerfen, der auch in akustisch unerfreulichen Hörräumen gut aufspielt, ist damit zweifelsfrei erreicht worden.
Diese ersten Töne, die beim Ausrichten den Raum füllten, lassen bereits erahnen, wie erfreulich der Hörtest werden würde. Und so surfte ich genießerisch durch die Musikdatenbank, um wohl bekannte Titel, mit wenig Gehörten aneinander zu reihen. Wehmütig bestätigt wurde bei diesem Potpourri wieder einmal die erste universelle HiFi-Wahrheit: „Schlechte Aufnahmen klingen auch über gute Lautsprecher immer noch kümmerlich“. Hiromi schätzt dagegen gute Aufnahmetechnik sowie exzellente Mitstreiter. Simon Phillips an der Schießbude und Anthony Jackson am Bass flankieren die japanische Jazz-Pianistin auf Ihren bei Telarc superb produzierten aktuellen Longplayer Alive. Ausnahmemusiker, die seit 2011 unter dem Bandnamen Hiromi The Trio Project drei vorzügliche Alben eingespielt haben. Das große Drum-Kit von Simon platziert sich wohlproportioniert zwischen den Holografen. Bassdrum, Hi-Hat, Snare, jedes Tom, jedes Becken, alles hat seinen klaren festgezurrten Platz. Mit geschlossenen Augen visualisiert sich das kraftvolle Spiel von Mr. Phillips, so präzise ist jeder Anschlag nachvollziehbar. Das Piano und Anthonys sechssaitiger Bass(!) ergänzen nicht nur im Studio den Engländer am Schlagzeug kongenial. Nach diesem Leckerli in Sachen Räumlichkeit musste dann die große Besetzung ran.
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