Ich starte mit Nik Bärtsch' Ronin, „Modul 42“ von der Holon (ECM, 2008). Wer jetzt in Anbetracht der nicht unerheblichen Leistung und der etwas martialischen Optik den großen Krawallbruder erwartet hat, mit Druck ohne Ende, Monsterbass und haushohen Klanggewittern, wird etwas irritiert sein. Das macht die Advance-Kombi zum Glück gar nicht. Erst mal sind die Unterschiede fast enttäuschend gering zu meinem kleinen music hall-Verstärker. Zumindest die erste Töne. Dann werden Bass und tiefes Klavier plötzlich sehr selbstverständlich auseinandergerückt. Im Tieftonbereich ist das Differenzierungsvermögen schlicht erstaunlich. Wobei es das nicht genau trifft. Mit einer beinahe gemeinen Selbstverständlichkeit wird da nichts „auseinander gestemmt“, sondern einfach im Raum aufgestellt. Da, wo andere Verstärker längst ein wenig in Gleichmacherei und zur Not auch in Dröhnen verfallen, bringen X-Preamp und X-A220 völlige Ruhe in die Abbildung. Der Bass wirkt erst mal gar nicht kräftiger als gewohnt. Er enthält nur viel mehr Information bezüglich des Raums, einzelne Impulse grenzen sich klar voneinander ab. Dazu gehört auch, dass die Advance nichts verdecken. Ein Becken, das sich sonst so gerade noch aus dem Tieftonhintergrund nach vorne durchspielen konnte, steht jetzt klar abgegrenzt mit Luft hinter dem Rhythmusgeflecht. Es ist weder in Dimension noch in Klangfarbe anders als gewohnt, dafür ist es jetzt einfach da, wo es ist und so gut zu hören, wie es sein soll.
Das soll jetzt nicht bedeuten, dass da wenig Bass ist. Im Gegenteil! Da muss mal wieder Mussorgsky Pictures at an Exhibition in der Bearbeitung für Orgel von Jean Guillou (Dorian, 1993) ran, der selbst an der Orgel sitzt. Große Orgel, Aufzeichnung bis 16 Hertz, Interpretationswert nahe null, aber immer wieder lustig, um Elektronik und Lautsprecher zu quälen. Gleich bei „Gnomus“ geht es ganz tief in den Keller. Bei den meisten Verstärkern kommt, wenn die großen Pfeifen angestimmt werden, nur noch ein beeindruckend lauter, tiefer Orgelton aus den Lautsprechern, der Rest ist weg. Mit den Advance steht die Orgel auch dann noch immer etwas weiter hinten im Raum, der auch weiterhin in Gänze hörbar gemacht wird. Die tiefen Luftsäulen entwickeln dabei aber so viel Energie, dass meine Schreibtischplatte vibriert, so was hatte ich noch nicht. Bei aller Präzision im Bass agiert das Verstärkertrio nicht völlig trocken, sondern ein klein wenig auf der fülligen Seite der Skala.
Auffällig ist die Kontrolle, die die Endstufen über die angeschlossenen Lautsprecher haben. Ich erinnere mich mit Grausen an einen englischen Verstärker mit spezieller leistungssteigernder Schaltung bei Impulsen. Der konnte zwar laut, dafür flogen einem die Membranen der Tieftöner bei hohen Lautstärken fast entgegen. An den X-A220 sondern meine Rogers auch bei stark gehobenen Pegeln gemessen an ihrer Größe absurd tiefe Töne ab und zucken kaum mit der Membran. Dabei agieren die Verstärker sehr, sehr sauber. Lustig ist mal wieder, wie wenig Leistung eigentlich tatsächlich im täglichen Betrieb so benötigt wird. Natürlich sind die Wattzeiger nur Schätzungen, lassen aber trotzdem eine ungefähre Einordnung der abgerufenen Wattzahlen zu. Lässt man es dann mal ein wenig krachen, registriert man höchst erstaunt, dass sich die Zeiger immer noch im Bereich zwischen 0,5 und 3 Watt bewegen. Man kriegt aber auch mit, wie lohnend der Aufwand ist, schon für diesen Betriebszustand genug Strom zur Verfügung zu haben.
Nun besteht Musik bekanntermaßen ja nicht nur aus dem Bassbereich. Ist das Fundament gelegt, profitieren hiervon aber auch die darüber liegenden Sektionen. Kleine Besetzung mit Anour Brahems „Sur le Fleuvre“ aus der Voyage de Sahar (ECM, 2006). Oud, Klavier und Akkordeon werden, obwohl die Akteure bei der Aufnahme dicht beieinander saßen, akustisch sauber getrennt und entsprechend in den Hörraum projiziert. Klangfarbentreue und in den Raum eingefügte Details bescheinigen der Kombi eine ausgeprägte Neutralität. Dafür spricht auch der großzügige, aber niemals übergroße Raum. Epische Weiten und Tiefen nur, wenn sie auch auf den Tonträger enthalten sind. Überhaupt spielt die Kombi sehr ausgeglichen und ermüdungsfrei auf hohem Niveau. Großorchestralem kommt die souveräne Art sehr entgegen. Stabile Ortung, klar abgegrenzte Instrumentengruppen, die auch bei größtem Einsatz und exzessiver Lautstärke niemals ineinanderfließen. Das ist schon großes Kino. Stimmen, einzeln oder im Chor ertönen klar und sauber, wenn auch nicht mit der letztmöglichen Artikulation. Allerdings meiden die Advance-Acoustic-Geräte bei jedweder Musik Aggressivität, was sich manchmal bei Streichern in etwas vermindertem Glanz niederschlägt oder Anhängern von klingelndem, schepperndem Lo-Fi zu lieblich erscheinen mag.
Die bisher geschilderten Klangeindrücke gelten für den internen Wandler des X-Preamp. Mein alter Denon CD-Player macht im Vergleich zwar etwas mehr Druck bei trockenerer Bassperfomance, der Wandler des Advance Acoustic gibt der Musik aber mehr Farbe, Rhythmus, Differenzierungsvermögen und Lockerheit, so dass er für den Hörtest ausschließlich benutzt wurde. Doch der Wandler bietet ja noch mehr Anschlussmöglichkeiten. Am interessantesten ist der USB-Eingang, der vom PC nach Installation des Treibers automatisch als externe Soundkarte erkannt wird.