Sollte jetzt jemand meinen, der A100i ist nur fürs Grobe geeignet, kann sozusagen nur geradeaus, so muss ich ihn enttäuschen. Leise und feine Töne werden ebenso filigran wiedergegeben. Als Kontrastprogramm und damit das Klingeln in den Ohren wieder nachlässt, habe ich Salzau Music on the Water ausgewählt. Die Aufnahme wurde morgens um fünf Uhr im Freien mit einem tragbaren Recorder gemacht, auf einer kleinen Bühne im See von Schloss Salzau gelegen. Der A100i bringt uns die morgendliche Geräuschkulisse mit Vogelgezwitscher unheimlich realistisch ins Wohnzimmer. Man hört sehr deutlich, dass die Musiker im Freien aufgenommen wurden und nicht in einem geschlossenen Raum. Auf der Bühne ist ein fachwerkartiges Gerüst aufgebaut, an dem verschiedene metallische Gegenstände aufgehängt sind, die zusätzlich im Morgenwind leise erklingen. Die Musik fügt sich wunderbar in die morgendliche Stimmung ein, zunächst nur Bass und Vibraphon, schließlich kommt noch die Posaune dazu. Sehr geschmackvolle, ruhige Improvisationen, die man in die Rubrik Ethnojazz einordnen könnte. Der tonale Charakter der einzelnen Instrumente wird sehr gut dargestellt; insbesondere ist ein Vibraphon immer eine Herausforderung für einen Lautsprecher.
Nun die Gretchenfrage, kann er auch klassische Musik, oder besser gesagt E-Musik realistisch wiedergeben? Er kann. Zunächst einmal kommt La Folia in den Player. Aber diesmal nicht die schon abgewetzte Version von Gregorio Paniagua, sondern eine Einspielung mit Jordi Savall auf Alia Vox. Bei dieser Variante fehlen die Slapstick Einlagen von Paniagua wie Spielzeugpistole, Landrover oder explodierende Champagnerflasche. Schade eigentlich, schließlich war die Folia ein fröhlicher, volkstümlicher Tanz.
Die sieben Musiker spielen auf historischen Instrumenten, Savall beispielsweise auf einer Viola da Gamba aus dem Jahre 1550. Der besondere Klang der Instrumente wird über den WVL sehr gut wiedergegeben; ob nun Viola da Gamba, Vihuela, Truhenorgel oder Harfe, alle Instrumente behalten ihren eigenen Charakter. Zudem stellt sich das Gefühl ein, die Musiker befänden sich im eigenen Wohnraum.
Offensichtlich lassen sich die historischen Instrumente nicht so virtuos spielen, wie man es heutzutage von den Highspeed-Technikern gewohnt ist. Dies gibt der Einspielung aber eine höchst interessante Note.
Eine Besonderheit hat die CD noch aufzuweisen; die Aufnahmen wurden an verschiedenen Orten von unterschiedlichen Aufnahmetechnikern gemacht. Beim Durchhören der CD fällt sofort die veränderte Raumakustik auf den entsprechenden Tracks auf, aber auch die Abbildung der Instrumente ist dem einen Techniker wesentlich besser gelungen. Alles leicht zu hören mit dem WVL. Ein Quercheck mit einer anderen bereits besprochenen Aufnahme wie der Mozart Sinfonia Concertante mit Vater und Sohn Oistrakh zeigt auch, dass ein gut aufgenommenes größeres Orchester glaubhaft wiedergegeben wird. Allerdings ist die räumliche Ausdehnung in die Tiefe nicht so ausgeprägt, wie ich es schon gehört habe.
Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Feldspulenchassis sind nicht dafür gedacht, die Hifi Spielwiese um ein weiteres Gerät zu bereichern. Für den optimalen Klang gibt es nur eine geeignete Einstellung. Diese hängt natürlich von der Konstruktion des Lautsprechers, aber auch von geschmacklichen Präferenzen und der räumlichen Umgebung ab. Neben den idealen Anpassungsmöglichkeiten bieten sich auch eindeutig tonale Vorteile, die Durchsichtigkeit der Wiedergabe nimmt ganz klar zu. Ich hätte nicht gedacht, dass hervorragende Chassis mit Alnicomagnet noch so einfach zu toppen sind. Zudem fehlt durch die offene Bauweise jeglicher Kistenklang; dies fällt einem erst auf, wenn man es einmal anders gehört hat. Die explosive Dynamik, zu welcher der A100i fähig ist, muss man einfach einmal gehört haben. Und das funktioniert schon mit 5 Watt Verstärkerleistung. Im Gegensatz zu einer PA Anlage ist dieser Lautsprecher aber kein Krachmacher, sondern kann alle Feinheiten und Klangfarben der Musik realistisch wiedergeben.
Auf eines möchte ich jedoch hinweisen, der Lautsprecher zeigt ganz klar auf, wenn die Kette vorne nicht gut abgestimmt ist. Mit der Auswahl der Endstufe sollte man sich also etwas Zeit nehmen. Hervorragende Ergebnisse konnte ich hier mit der Shindo F2A und einer Uchida 300B erzielen. Etwas weniger romantisch aber dafür noch straffer im Bass und dynamischer wird es mit der 6HS5 PSE.
Das Horn ist mit Akustikschaumstoff bedämpft, dies habe ich in der Form auch noch nirgends gesehen. Man kann den Schaumstoff natürlich entfernen, in dieser Variante spielt der Lautsprecher luftiger und offener. Allerdings wird er auch kritischer, was die Komponenten vorne betrifft. Ein – aus seiner Sicht – unpassendes Kabel haut einem der Treiber dann sofort um die Ohren. Autsch! Im Vergleich zu meinem sonst verwendeten Lautsprecher ist die Darstellung weniger tief und etwas mehr nach vorne gerichtet. Das möchte ich aber nicht als allgemein gültige Regel betrachten, weil dies natürlich sehr von der Aufstellung und den Räumlichkeiten abhängt.