Nach diesem überzeugenden Auftritt versuche ich, mit den einschlägigen Testscheiben die Grenzen der Unlimited auszuloten: Bei Bang, Baa-room and Harp glänzt sie mit einer ungemein breiten und recht tiefen Bühnendarstellung, die zwar nicht ganz an die der Lumen heranreicht, aber meine Erwartung für Schallwandler dieser Preisregion bei weiten übertrifft. Wieder fällt die Schnelligkeit auf, mit der die Unlimited die vielen perkussiven Sounds reproduziert. Auflösung und Feinzeichnung zählen ebenfalls zu den Paradedisziplinen des Biegewellenstrahlers. Jonas Hellborgs Elegant Punk macht noch mal kurz klar, dass für die Wiedergabe allertiefster Frequenzen bei höheren Pegeln noch ein wenig mehr Volumen und Fläche nötig sind, als sie der Unlimited zur Verfügung stehen. Aber einer Regalbox kreidet ja auch niemand an, dass sie in puncto Tiefgang nicht mit einem Schallwandler vom Kaliber des Unlimited mithalten kann. Schnelligkeit und Präzision der German Physiks verleiten mich dann dazu, die die Lautsprecher extrem fordernde Scheibe immer noch ein bisschen lauter zu machen – allerdings erst nach Rückfrage bei Holger Müller. Denn der von der Marconi Vorstufe angezeigte Wert liegt wegen des etwas niedrigeren Wirkungsgrades der Unlimited schon ein ganzes Stück über dem sonst Üblichen. Holger Müller hat keinerlei Bedenken, und seine Schallwandler geben akustisch auch nicht das geringste Zeichen, dass ihnen die zuführte Leistung zuviel des Guten sein könnte. Sie differenzieren die schnelle Folge von Impulsen sehr exakt, klingen unkomprimiert und vermitteln ganz nebenbei noch eine recht konkrete Vorstellung vom virtuellen Aufnahmeraum – hier war bestimmt der ein oder andere Studiohall im Spiel.
Mit sehr hohen Lautstärken und extrem anspruchsvollem Programmmaterial kann man die Unlimited schon an ihre Grenzen bringen. Um exakt zu sein: Begrenzt ist lediglich die Fähigkeit, tiefste Frequenzen mit live-ähnlichen Pegeln zu reproduzieren. Wer also beispielsweise eine Big Band in derselben Lautstärke hören möchte wie im Konzert, muss sich ein wenig weiter oben in der Produktpalette von German Physiks orientieren. Die Feinauflösung und das hohe Tempo der Unlimited führen – wenn der Tieftonanteil nicht mehr mithalten kann – zu einem höhenbetonten Klangbild. Überhell timbrierte, kühl analytische Verstärker sind daher nicht die richtigen Spielpartner für diese German Physiks. Doch verlassen wir den Bereich der Extreme.
Ich habe die Unlimited über längere Zeit im Hörraum stehen gehabt und so kam ihr auch die Aufgabe zu, abends zu einen Glas Wein mal wieder eine der alten Lieblingsscheiben zu Gehör zu bringen, wie zum Beispiel Anour Brahem, John Surman und Dave Hollands fantastisches Album Thimar, ECM 1641, aus dem Jahr 1997: Oud, Bass-Klarinette und Kontrabass stellt die Unlimited sehr plastisch und tonal völlig stimmig in einen großen Raum. Die Wiedergabe gerät ungemein leicht und besitzt dennoch ein solides Tieftonfundament. Feindynamik und Impulstreue lassen keine Wünsche offen. Ich kenne wenige Boxen, die einen schon bei gehobener Zimmerlautstärke derart intensiv ins musikalische Geschehen einbeziehen. Zu einem Hochgenuss macht die Unlimited auch Niels-Henning Ørsted Pedersen und Kenneth Knudsens Pictures, SteepleChase SCS-1068. Besonders bei „It's All There‟ lässt einen der Groove von Bass und Piano einfach nicht los. Das knarzende Holz des Tieftöners mischt sich ideal mit der unverzichtbaren Energie. Hier stimmen Druck und Klangfarben. Beim Piano differenziert die Unlimited exakt zwischen Ton und – wohl künstlichem – Nachhall. Auch die unterschiedliche Intensität einzelner Anschläge macht die German Physiks eher spielerisch erfahrbar. Dabei stellt sie die Fülle an Feininformationen nie über Gebühr in den Vordergrund. Dort steht völlig zu Recht die packende Rhythmik des Songs.
Aber die Unlimited taugt nicht nur zum reinen Genussmittel, sie erweist sich durchaus auch als verlässliches Werkzeug: Bei der Beschäftigung mit den AHP Feinsicherungen hatte ich ein Netzfilter völlig vergessen, über das alle Digitalkomponenten einschließlich des iMac angeschlossen sind, um hochfrequente Störungen von den analogen Gerätschaften fernzuhalten. Als die beiden Sicherungen für das Filter dann eingetreffen , tun gerade die German Physiks Dienst und zeigen unmissverständlich auf, dass die dem Filter nachgeschalteten Komponenten wie iMac, CD-Laufwerk und Mytek-Wandler mit einer verbesserten räumlichen Darstellung, einem offeneren Klangbild und noch ein wenig mehr Spielfreude auf die preiswerte Tuningmaßnahme reagierten.
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