Montag, 24 Mai 2010 02:00

Der Dämpfungsfaktor, das unbekannte Wesen

Oder mit anderen Worten: Alles spricht für Aktivlautsprecher, weil bei ihnen auch die passive Weiche entfällt, die erst in Interaktion mit dem Ausgangswiderstand des Verstärkers zu solchen Frequenzgangfehlern führt. Und ein ohmscher Widerstand von Spulen fällt damit auch gleich unter den Tisch.

Man kann sich sicherlich vorstellen, wie der Dämpfungsfaktor bei einer Röhrenendstufe aussieht, bei welcher der Ausgangsübertrager mit seinem Innenwiderstand mit dem Lautsprecher verbunden ist. Im obigen Beispiel wurde ein Gegenkopplungsfaktor von 1000 = 40 dB angenommen, was mit Hableitern relativ leicht zu realisieren ist. So hohe Faktoren sind mit Röhrenschaltungen nicht zu erzielen, dort sind Werte von 100 bis 200 üblich (20 bis 26 dB).

Nun gibt es aber noch ein paar andere Eigenschaften von Lautsprechern, die durch den Dämpfungsfaktor und somit auch durch eine Gegenkopplung beeinflusst werden. Bisher waren alle Betrachtungen des Dämpfungsfaktors eher als statisch zu betrachten, das heißt bei Gleichstrom oder eher tiefen Frequenzen. Nun kann ein Lautsprecher nichts mit Gleichstrom anfangen und der nominelle Übertragungsbereich sei auch einmal mit bis zu 20 kHz reichend angenommen.

Eine positive Eigenschaft ist, wie der Name schon sagt, die Bedämpfung von schwingenden Systemen. Wichtig ist so etwas vor allem im Bassbereich, da hier mit recht großen Membranen die größten schwingenden Massen vorhanden sind. Diese gehorchen sehr gern den Gesetzen der Mechanik und wollen sich weiterbewegen, obwohl das elektrische Signal dazu nicht mehr vorhanden ist. Das wäre natürlich der guten Wiedergabe abträglich und muss verhindert werden. Bei Systemen ohne Spannungsgegenkopplung wirkt nur der Innenwiderstand des Verstärkers dämpfend auf das Chassis. Man kann das sehr leicht akustisch überprüfen: Man nimmt eine Lautsprecherbox, die nicht an einen Verstärker angeschlossen ist und klopft mit der Fingerspitze leicht auf den Dom des Basslautsprechers (funktioniert nur dann, wenn der Bass keinen Softdome besitzt). Es entsteht ein dunkles Klopfgeräusch. Nun verbindet man mittels eines dickeren Drahtes die Anschlußklemmen des Lautsprechers miteinander und klopft noch einmal auf den Dome. Das Geräusch sollte nun heller klingen und die Membrane weniger nachgeben. Mit dem Draht hat man einfach einen Verstärkerinnenwiderstand von Null simuliert. Schließt man den Lautsprecher wieder ordnungsgemäß an den Verstärker an, so kann man den gleichen Effekt dadurch erreichen, indem man den Verstärker einschaltet. Dieser versucht mittels seines Innenwiderstandes den Lautsprecher so zu bedämpfen wie zuvor der Kurzschluss durch den Draht.

Gut funktioniert das aber nur mit Lautsprecherboxen, die eine recht niederohmige Spule vor dem Basslautsprecher besitzen, da sich der Eigenwiderstand der Spule zum Ausgangswiderstand des Verstärkers addiert. Anders sieht es aus, wenn eine Spannungsgegenkopplung im Verstärker vorhanden ist. Das durch den tippenden Finger angestoßene System generiert eine Spannung ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo. Diese Spannung liegt auch am Ausgang des Verstärkers an, wo die Gegenkopplung diese „sieht“. Da die so erzeugte Spannung nicht mit dem vom Verstärker generiertem Signal übereinstimmt, versucht die Gegenkopplung die Ursache für die Entstehung des „Fehlersignals“ zu beseitigen. Und die Ursache ist nun mal die ungewollte Bewegung des Chassis. Somit kann man feststellen, dass ein gegengekoppelter Verstärker mittels seines Dämpfungsfaktors aktiv in das Geschehen eingreift und die Bewegung des Chassis in Übereinstimmung mit dem steuernden Signal vergleicht und kontrolliert.

Das ist grundsätzlich für alle schwingenden Systeme gleichermaßen gültig - nicht nur für Tieftöner. Bei Mittel- und Hochtönern sind lediglich andere Frequenzbereiche und kleinere schwingende Massen vorhanden. Leider ist der Dämpfungsfaktor nicht bei allen Frequenzen gleich. Eine Grafik soll dieses illustrieren. Zuerst der Verstärker ohne Spannungsgegenkopplung zu Anfang dieses Artikels.

Abb. 9: Meßaufbau zur Ermittlung des Dämpfungsfaktors eines Verstärkers
Abb. 9: Meßaufbau zur Ermittlung des Dämpfungsfaktors eines Verstärkers
Hier wird dargestellt, wie bei einem Verstärker der dynamische Dämpfungsfaktor ermittelt wird, und so wird es auch tatsächlich in der Praxis gemacht. Der „Ideale Verstärker“ schickt über einen 8 Ohm Widerstand ein Signal in den zu testenden Verstärker. An dessen Ausgangsklemmen ermittelt man wie viel von diesem „unerwünschten“ Signal übrig bleibt, bzw. wie viel in welchem Bereich gedämpft wird.

Abb. 10: Verlauf des Dämpfungsfaktors nach Abb. 9
Abb. 10: Verlauf des Dämpfungsfaktors nach Abb. 9
Die blaue Linie zeigt den Frequenzgang am Ausgang des Meßverstärkers an, die rote Linie das Maß der Signalunterdrückung an den Lautsprecherklemmen des Testprobanden. Bis 1 kHz funktioniert das recht gut mit etwa 36 dB = 63fach, aber bei 10 kHz sind es nur noch etwa 16 dB =6,3fach. Anders ausgedrückt: Im Hochtonbereich ist der Dämpfungsfaktor wesentlich geringer als im Tieftonbereich.

Wie sieht es da mit einem gegengekoppelten Verstärker aus? Nehmen wir das zweite Beispiel in die Simulation:

Abb. 11: Meßaufbau zur Ermittlung des Dämpfungsfaktors eines Verstärkers wie in Abb. 9 aber mit geänderten Werten
Abb. 11: Meßaufbau zur Ermittlung des Dämpfungsfaktors eines Verstärkers wie in Abb. 9 aber mit geänderten Werten


Weitere Informationen

  • Imagefolder: basics/10-05-24_daempfungsfaktor

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