Nein, eigentlich stand mir der Sinn nicht nach dem Besuch einer weiteren Messe. Aber die klangBilder mag ich wegen ihres Veranstaltungsortes ebenso wie wegen ihres speziellen Konzepts. Darüber hinaus feierten Messe und Konzept heuer ihr 20-jähriges Jubiläum. Also auf nach Wien!
Nach der riesigen Messe in Warschau mit ihrem Mix aus Mainstream und gerade dem Do-It-Yourself entwachsenen enthusiastischen Kleinserien-Herstellern sowie allem dazwischen Möglichen durfte man bei der letzten Hifi-Show – falls dieser Begriff auf die klangBilder überhaupt zutrifft, aber dazu gleich mehr – des Jahres natürlich kein Premierenfeuerwerk mehr erwarten. Und dennoch gab es die ein oder andere Überraschung, die ich Ihnen gerne vorstelle. In den Räumen, die größtenteils Bekanntes präsentierten, haben wir Impressionen gesammelt, die wir ohne Anmerkungen veröffentlichen. Im Mittelpunkt aber steht ein Interview mit dem Erfinder und Ausrichter der klangBilder, Dr. Ludwig Flich.
Lassen wir nur den klangBildner Dr. Ludwig Flich zu Wort kommen.
Hifistatement: Wie unterschied sich Ihr Konzept von dem der übrigen Messen, als Sie vor 20 Jahren die ersten klangBilder veranstalteten?
Dr. Ludwig Flich: Indem ich einen nicht-englischen Titel wählte. Es sollte die HiFi-Szene im spezifischen mitteleuropäischen Kontext zeigen: mit Wien als Musikzentrum. Der „Bilder“-Teil galt noch als Sinnbild der TV-Firmen, weil es ja damals in Österreich noch eigenständige und nicht fremdgesteuerte Vertretungen der großen Elektronik-Player gab. Schon damals existierte das Konzept, dass Aussteller eine für sie passende musikalische Idee durchziehen und durch interessante Themen ihre Geräte-Vorführungen zu „Verführungen“ erweitern sollten. Die BesucherInnen sollten besondere Musik-Erlebnisse mit nach Hause nehmen. Von unserer „Mehrwert“-Messe.
Hifistatement: Was hat sich inzwischen an der Ausrichtung geändert und warum?
Dr. Ludwig Flich: Die Ausrichtung hat sich durch die Jahre konkretisiert. Die Bilder haben sich zu fantasievollen Bildern, von denen wir in unseren Präsentationen erzählen, gewandelt. Durch Kontakte zu bekannten Künstlerinnen und Künstlern in Wien veranstalten wir für sie und ihre neuesten CDs kleine Musik-Vernissagen. Das sind keine oberflächlichen Kaffeehauskränzchen, sondern sie umfassen alles, was ein Publikum interessieren kann. Diese Vernissagen sind auch als Unterstützung für den Aussteller gedacht, weil sie ihm Publikum in den Raum bringen, das er anschließend betreuen kann. Heuer sind wir der Ganzheitlichkeit des Themas noch nähergekommen. Wir zeigen die gesamte Musikvermittlung vom Interpreten bis zum Hörer: die Musikstücke, die Musiker, die Tonmeister, die Gerätehersteller, die Vertriebe und Händler mit hochwertigen Geräten und die Konsumenten. Für mich ist das Einbinden der Tonmeister besonders wertvoll: Wir reden alle, wie toll diese oder jene Aufnahme klingt, aber letztlich wissen nur die Männer und Frauen an den Reglern, wie ein Künstler und der Saal bei der Aufnahme wirklich geklungen haben. Und daher auch so bei den klangbildern klingen müssen. Das ist der Weg zurück zum Ursprung. Abgesehen davon, dass es bei uns Live-Musik zu einem Thema und nicht um des Effekts wegen gibt.
Hifistatement: Wie wollen Sie mit Ihrem Konzept neue, möglichst jüngere Kunden für Hifi interessieren?
Dr. Ludwig Flich: Wie überall bestimmen Handy und Kopfhörer das Erscheinungsbild unserer Gesellschaft. Wir setzten allerdings seit Beginn auf die nun so modisch gewordenen Begriffe wie Entschleunigung und Biowirkung der Musik, was man uns jetzt, weil vorgedacht und nicht kommerziell nachgeplappert, abnimmt. Wir hielten ohne Pause unseren Analog-Bezug aufrecht und förderten damit das bewusste Musikhören. Vinyl ist nach wie vor für junge Hörer als Lebensgefühl oder Style-Variante interessant, und wer einmal die Klangmöglichkeiten bei uns entdeckt hat, wird neugierig, ob er seinen Handysound oder seine Alexadose daheim toppen kann. Selbstverständlich findet man bei uns auch modernste Streamingtechnik, wobei wir auch hier HiRes-Klänge und Formate anhand aktueller Interpretationen vergleichen. Nicht jede/r ist sofort für unsere Form von Verfeinerung des Klangs disponiert; aber jedes Dazulernen beim Hören macht Appetit auf mehr!
Unsere Botschaft haben wir visuell neu getaktet, einen Hingucker-Slogan kreiert und unter anderem ein hochwertiges, modernes Magazin zur Messe herausgegeben, das die Musik in vielen Facetten vorstellt. Das hat schon heuer anregend auf jüngere Semester gewirkt. Wer dann einmal zuhört, kippt bald in unsere spezielle Form der Musikvermittlung hinein und verbindet dies mit den vorgeführten Geräten. Moderieren von Musik und musikorientiertes Beschreiben von Technik ist ein anerkannter Mehrwert unserer Messe.
Hifistatement: Was war für Sie persönlich der schönste Moment auf einer der Messen?
Da gab es – fast in jedem Jahr – emotional Berührendes, wie heuer eine Dance Company mit Down-Syndrom-Jugendlichen. Unglaublich, diese Freude und ihr professioneller Einsatz. Gerne erinnere ich mich an eine Präsentation mit Daniel Hope. Als wir über seine neueste Aufnahme gesprochen und diese gehört hatten, da holte er plötzlich unterm Sessel des Vordermanns seine Millionengeige heraus und spielte. Ich glaube, dass alle im Raum so überwältigt waren wie ich…
Hifistatement: Gab es auch eine Schrecksekunde oder Panne, die Sie bis heute nicht vergessen haben?
Dr. Ludwig Flich: In jeder Messe gibt es solche Schrecksekunden, meistens bedingt durch technische Ausfälle. Du gehst in einen Raum, die Leute sitzen schon erwartungsvoll drinnen, und dann zerbricht der mitgebrachte USB-Stick beim Einsetzen oder der Player liest plötzlich nichts ein. Mittlerweile habe ich immer einen zweiten Stick oder genug Discs mit. Improvisieren ist bei so einer Messe ein Teil des Spiels. Die Gäste dürfen niemals gelangweilt werden, denn sie kommen ja, um jede Minute zu nützen!
Hifistatement: Können die klangBilder in ihrer jetzigen Form nur in Wien erfolgreich sein?
Dr. Ludwig Flich: Wir, das heißt mein kleines Team und ich, würden das auch in China schaffen. Aber, Spaß beiseite, ich brauche selbst meine Zeit, um Musik zu hören und weiter zu erforschen. Ich sehe mich weniger als Organisator als ein Theaterdirektor, der Künstler und Aussteller für eine gute Aufführung – hier: die Freude am bewussten Musikhören – zusammenbringt. Es geht um die Vermittlung von Musik und ihrem seelischen aber auch kulturellen Nutzen gerade auch für Menschen, die noch nicht unseren Zugang dazu haben. Oder diesen durch den Stress des Alltags verloren haben. Musik ist der Inhalt, die Seele, gespielt über selbstverständlich gute Geräte. Je besser diese sind, desto größer ist die Chance, dass die Emotion unbeschnitten rüberkommt. Kalt-Vorführungen von Geräten sind daher auf den klangBildern unerwünscht.
Fazit: Wo Menschen Musik lieben und Interesse an Storys über Musik, Musiker und Aufnahmen haben, dort sind klangBilder verwirklichbar.
Hifistatement: Was dürfen wir im nächsten Jahr auf den klangBildern erwarten?
Dr. Ludwig Flich: Die aktuelle Mischung aus Fachkongress und Erlebnismesse, mit dem ungewöhnlich großen Rahmenprogramm und Live-Musik-Anteil, passt. Die Größe der Messe ist dafür stimmig, weil sich die Besucher Zeit nehmen können, zu hören, zu entdecken und sich zu unterhalten. Das Wiener Publikum zählt ja zu den aufmerksamsten überhaupt. Wir werden nur noch schneller die Besucherströme informieren, wenn sich ein Vortrag verschiebt. An der relaxten Atmosphäre wird sich nichts ändern. Und unsere Verkostung edler Weine aus heimischen Rieden bleibt bestimmt die beste auf irgendeiner Messe in Europa…