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Esther: 45 Jahre Hifi-Geschichte(n)

07.05.2024 // Dirk Sommer, Birgit Hammer (Fotos)

Das holten wir dann bei unserem nächsten Wien-Besuch wieder ab. Im kommenden Frühjahr versuchte ich dann im Presswerk, das bisher die Esther gefertigt hatte, einen Termin für die Pressung zu buchen, wohl wissend, dass damals Wartezeiten bis zu einem Jahr für Neukunden üblich waren. Obwohl ATR – Audio Trade seit Jahrzehnten mit der Firma zusammengearbeitet hatte, vertröstete man mich nicht einmal, sondern lehnte eine Annahme des Auftrags rundherum einfach ab, da das Werk auf absehbare Zeit ausgelastet war: die Arroganz des Erfolgs. Inzwischen hatten schon die Planungen für die De-Phazz-Scheibe begonnen, so dass wir beschlossen, diese zeitgleich mit der Esther bei Organic Music von Thorsten Scheffner schneiden und dann bei Optimal, die einen kundenfreundlicheren Presstermin anboten, fertigen zu lassen. Im Juli letzten Jahres fuhren wir dann mit einer 1979-er und einer aktuellen Ausgabe so wie dem neuen Tape der Esther nach Obing ins Schneidestudio, wo wir zusammen mit Thorsten Scheffner die drei Varianten verglichen. Zu unserer Überraschung waren die Sibilanten auf dem Band ähnlich stark ausgeprägt wie auf der Scheibe von der mit plus sieben Dezibel geschnittenen Folie. Bei der aktuellen Version störten diese dann aber überhaupt nicht mehr, dafür gab es aber auch keine Luft mehr um die Instrumente. Dem Klang fehlte jegliche Leichtigkeit.

Ein Probeschnitt auf einer zum Teil schon einmal verwendeten Folie wird wiedergegeben
Ein Probeschnitt auf einer zum Teil schon einmal verwendeten Folie wird wiedergegeben

Klanglich überzeugte uns keine der beiden Versionen. Thorsten Scheffner opferte sogar ein paar Lackfolien für Probeschnitte mit unterschiedlichen Einstellungen, kam aber auch dabei nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Da blieb uns wohl nichts anderes übrig, als die Zischlaute mit der altbewährten analogen Methode in ihre Schranken zu verweisen: dem klassischen DeEsser von SPL, den wir hin und wieder auch für Aufnahmezwecke verwenden. Zwei Tage später ging's also wieder Richtung Obing, diesmal mit dem DeEsser im Gepäck. Nachdem Thorsten Scheffner diesen in seine Schneideanlage integriert und die entsprechenden Einstellungen vorgenommen hatte, machte er vorsichtshalber noch einen Probeschnitt, der über das Ortofon MC Diamond im FR-66s ähnlich offen und luftig klang, wie die Scheibe von 1979, jedoch frei von störenden Sibilanten war.

Die Abhöranlage im Schneidestudio könnte auch einen Hörraum zieren
Die Abhöranlage im Schneidestudio könnte auch einen Hörraum zieren

Von Obing ging die Lackfolie dann per Express nach Röbel an der Müritz, wo sie kurz nach dem Eintreffen versilbert wurde. Wir erhielten die White Labels dann zusammen mit denen für die De-Phazz-LP. Sowohl Thorsten Scheffner und Christoph Stickel als auch meine Gattin und ich waren mit der Qualität der Anpressungen zufrieden. Bleibt die Frage zu klären, warum die Esther erst rund ein halbes Jahr nach der Live at Villa Belvedere erschien: Vor der Pressung mussten erst noch die Rechte für die Wiederveröffentlichung geklärt werden. Aber den Lizenzgeber der früheren Ausgaben, die EMI Electrola gab es nicht mehr und auch Universal, der EMI Electrola übernommen hatte, besaß keine Rechte, wie wir nach einiger Zeit und mehrfachem Nachfragen in Erfahrung bringen konnten. Damit begann dann für meine Gattin eine wahre Odyssee an Nachforschungen nach den Veröffentlichungsrechten, an deren Ende dann das OK der Künstlerin stand. Wir hoffen, Sie haben an der zeitgemäßen Version dieses audiophilen Klassikers genau so viel Spaß, wie alle an der Neuauflage Beteiligten!

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