Ich bleibe unserem Sommer-Thema Kopfhörer treu und stelle Ihnen – von unseren kostenlosen Downloads einmal abgesehen – das bisher günstigste Produkt vor, das es in Hifistatement zu einem eigenen Bericht gebracht hat: ein Programm, das Musikdateien für den Genuss über Kopfhörer optimiert.
Es soll einige – wenige? – glückliche Menschen geben, die die übliche Einschränkung bei der Verwendung von Kopfhörern nicht kennen. Die brauchen gar nicht erst weiterzulesen, denn sie leiden nicht unter der sogenannten In-Kopf-Lokalisation, also dem Eindruck, dass Instrumente und Stimmen quasi auf einer Linie zwischen den Ohren angeordnet sind, wenn die Musik aus den Wandlern eines Kopfhörers direkt auf ihre Ohren trifft. Einige Hersteller versuchen, das Problem abzuschwächen, indem sie die Treiber in einem recht großen Gehäuse soweit wie möglich nach vorne rücken und schräg zum Kopf anwinkeln. Das mag zwar ein wenig Linderung bringen, ist letztlich aber keine überzeugende Lösung. Bei der Lokalisation einer Schallquells im Raum spielen nicht nur die Zeitdifferenz beim Eintreffen eines Signals in den beiden Ohren eine Rolle, sondern auch die durch die Ohrmuscheln und den Oberkörper verursachten tonalen Beeinflussungen des Signals. Andernfalls könnt man ja nicht zwischen einen Signal vor und hinter einem unterscheiden, wenn die Laufzeitunterschied zwischen rechtem und linkem Ohr in beiden Fällen gleich wären.
Kein Wunder also, dass sich die Wiedergabe über Kopfhörer von der über Lautsprecher in einem Raum deutlich unterscheidet. Das Phänomen und ist schon seit langem bekannt und auch wissenschaftlich untersucht. Ein Ergebnis dieser Untersuchungen ist die Head-Related Transfer Function (HRTF), was man mit kopfbezogene Übertragungsfunktion oder auch Außenohrübertragungsfunktion übersetzen kann. Das ist logischerweise nicht einfach eine konstante Frequenzgangbeeinflussung durch Ohrmuschel, Kopf und Oberkörper, sondern eine, die vom Winkel der Schallquelle zum Hörer abhängig ist. Außerdem ist die HRTF individuell sehr verschieden, so dass der gemittelte Wert recht weit vom eigenen Hörempfinden entfernt sein kann. Aber es gibt ja – fast – nichts, was sich mit Digitaltechnik nicht richten ließe: Den radikalsten Ansatz verfolgt der Symth Research Realiser 8, ein kleines Kästchen, das den Frequenzgang und die Laufzeiten von Eingangssignalen so verändern soll, dass man die Lautsprecher im dem Raum zu hören glaubt, in dem der Realiser eingemessen wurde. Dazu werden Miniaturmikrofone in den Gehörgang gesetzt und Testsignale einmal über die Lautsprecher und ein zweites Mal über den Kopfhörer abgespielt und aufgenommen. Aus den Unterschieden errechnet der Realiser die notwendige Frequenzgang- und Laufzeitänderungen. Ein erster Versuch lieferte zwar ein tonal absolut stimmiges Abbild meines Hörraums, eine ausgeprägte Vorne-Ortung konnte ich aber nicht erreichen. Ich werde mit Sicherheit einen zweiten Versuch machen, auch wenn der Realizer für acht(!) Kanäle ausgelegt ist und um die 3000 Euro kostet und sich damit wohl eher an dezidierte Kopfhörerfans oder professionelle Nutzer wendet.
Einen um Klassen besseren Kopfhörerverstärker als den im Realizer eingebauten kombiniert SPL in seinem Phonitor 2 mit einer Matrix, die auf rein analogem Wege das Übersprechen zwischen den beiden Lautsprechern im Raum und ihre Anwinkelung zum Hörer auf moderate Weise ins Klangbild einfließen lässt. Hier geht es nicht um Simulation eines gegebenen Hörraums, sondern vorrangig um die Verminderung der Im-Kopf-Lokalisaton mit Annäherungen an die Abhörsituation im Raum. Beinahe dieselbe Technik bei Verzicht auf einige – leider durchaus angenehme – Features bietet SPLs Phonitor Mini zum deutlich günstigeren Preis.
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